Fünf Millionen Euro gefordert: Bahn will Schadensersatz von GDL
Die Bahn verklagt die Lokführer-Gewerkschaft GDL auf Schadensersatz für Warnstreiks im Juli. Der Aufsichtsrat hatte die harte Linie von Konzernchef Mehdorn zuvor begrüßt.
FRANKFURT AM MAIN ap/afp Die Deutsche Bahn hat die Lokführer-Gewerkschaft GDL auf Schadensersatz in Millionenhöhe verklagt. Der Konzern habe beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eine Schadensersatzklage über fünf Millionen Euro für Warnstreiks im Nahverkehr Anfang Juli eingereicht, sagte ein Bahn-Sprecher am Donnerstag.
Auch nach Beginn des bisher größten Streiks bei der Deutschen Bahn AG gibt es keinerlei Anzeichen für eine Lösung in dem monatelangen Tarifstreit. Die (GDL) legte am Donnerstag erstmals in allen drei Transportbereichen Güter-, Personennah- und Fernverkehr bundesweit die Arbeit nieder. Es kam zu massiven Beeinträchtigungen. Vor allem auf ostdeutschen Schienen ging kaum noch etwas. Die GDL will den Totalstreik zunächst bis Samstagmorgen, 2 Uhr, fortsetzen.
Dann habe der Bahnvorstand bis Montag Zeit, ein neues Angebot vorzulegen, sagte der stellvertretende Gewerkschaftschef Claus Weselsky in Frankfurt am Main. Doch dafür gibt es keine Anzeichen: Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn stärkte Vorstandschef Hartmut Mehdorn ausdrücklich den Rücken. "In Sachen Streik stützt der Aufsichtsrat die Position des Vorstands, nicht auf die Forderung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nach Auflösung der Tarifeinheit einzugehen, auch wenn diese unentwegt weiter streiken sollte", erklärte die Bahn und forderte die GDL zu Verhandlungen auf.
Doch die Fronten zwischen den Tarifparteien verhärteten sich weiter. Die Gewerkschaft zeigte sich empört über eine Anzeigenkampagne des Bahnvorstands mit dem Titel "Stoppen Sie den Wahnsinn, Herr Schell". Darin wird dem Chef der Lokführergewerkschaft vorgeworfen, sich seit Monaten jeglichen Verhandlungen zu entziehen. Die Bahn habe dagegen zehn Prozent Lohnerhöhung und eine Einmalzahlung von 2.000 Euro angeboten. Schell warf dem Bahnvorstand daraufhin vor, die Leute mit einer "sündhaft teuren Anzeige" für dumm zu verkaufen.
Die Deutsche Bahn räumte zu Beginn des Totalstreiks ein, der Zugverkehr in Deutschland sei erheblich beeinträchtigt. So sei in Ostdeutschland nur jeder zehnte Regionalzug gefahren. In Stuttgart und in Frankfurt am Main fielen zwei Drittel aller S-Bahnen aus. Im Fernverkehr waren vor allem InterCity-Züge betroffen. Bei zwei von drei ICE-Verbindungen konnte der Fahrplan nach Bahnangaben jedoch eingehalten werden.
Die Bahn setzte nach eigenen Angaben nahezu 500 Busse ein, um ausgefallene Züge zu ersetzen - teilweise auch im Fernverkehr wie zwischen Berlin und Dresden. Immer kritischer wird die Lage nach Bahnangaben bei den Güterzügen. So könnten in Ostdeutschland lediglich die versorgungsrelevanten Züge fahren. Der Ingolstädter Autobauer Audi musste mangels Versorgungszügen am Donnerstag in seinem Brüsseler Werk nach der Früh- auch die Spätschicht sowie vorsorglich die erste Schicht am Freitag absagen.
Der Lokführerstreik und winterliche Wetterverhältnisse führten auch auf Straßen zu Staus, Stillstand und Behinderungen. Viele Pendler wichen von der Bahn aufs Auto aus. Nach einer Forsa-Umfrage für die "Bild"-Zeitung hat eine Mehrheit von 51 Prozent der Bundesbürger kein Verständnis mehr für den Streik. Im Bundestag appellierten Politiker von CDU/CSU, SPD und FDP an Bahn und GDL, sich wieder an einen Tisch zu setzen.
Zu unbefristeten Streiks in der kommenden Woche wollte der stellvertretende GDL-Chef Weselsky noch keine Aussage machen. Man müsse aber darauf achten, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibe. "Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten 14 Tagen zu einer Lösung kommen", sagte Weselsky der "Rheinischen Post". Der Chef der DGB-Bahngewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, berichtete nach der Aufsichtsratssitzung der Bahn, der Vorstand habe "glaubhaft dargestellt", dass er sich nicht grundsätzlichen Einkommensverbesserungen auch für die Lokführer entgegenstelle.
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