Fünf Jahre Übermedien: Happy Birthday, Reparierer
Das Online-Magazin „Übermedien“ beobachtet und kritisiert seit fünf Jahren die Medienbranche. Profund und haarspalterisch, vor allem aber unabhängig.
M edien, Medien über alles. Über alles, nein, natürlich nicht in der Welt und nicht mal in Prenzlauer Berg. Von Großkotz-Attitüde ist schon gar keine Spur. Es geht vielmehr um mild ironische Distanz, um amüsierte Lässigkeit. Immer mit klarer Kante über das, was Mediendeutschland mal wieder verzapft hat. Erraten, es geht um Übermedien.
Vor ziemlich genau fünf Jahren ist das Medienmagazin im Netz an den Start gegangen. Angeschoben hat’s der unermüdliche Stefan Niggemeier, dem wir schon die beste Medienseite, die die FAS mal hatte, bildblog u. v. a. m. verdanken. Fünf Jahre sind in diesen Zeiten ziemlich lang. Vor allem, wenn man sich komplett unabhängig über zahlungswillige Menschen finanziert und keine Verlage, Michael Sprengs oder andere Geldzuschieber hat. Übermedien besorgt sich auch keine Anzeigeneinnahmen mit mehr oder weniger gefälligen Servicebeiträgen oder fungiert als mediales Jobcenter. Hier sichern gut 4.000 Abonnent*innen (Disclaimer: ich bin einer davon), dass der Laden läuft. Dazu bleibt nur eins zu sagen: Glückwunsch!
Übermedien will kein Blog sein, weshalb es von Anderen gerne genau so bezeichnet wird. Dabei ist es so viel mehr. Natürlich wäre da erst mal profunde Medienkritik, die am ganz großen Rad mitdreht. Aber genau so nimmt sich Übermedien Zeit für die Haarspaltereien unserer selbstverliebten Branche. Ist Heimat für großartige Kolumnen wie die „Wochenschau“ von Samira El Ouassil. Übermedien mutet den Leser*innen auch mal die Langstrecke auf 15.000 Zeichen und länger zu. Und das im Netz, wo angeblich ja nur kurz geht. Dazu kommen Podcasts und feine Videos, in denen Ex-„Zapp“er Boris Rosenkranz nicht nur die Alexander von Schönburgs dieser Welt durch den Kakao zieht.
„Zwei Träume hat Stefan Niggemeier. Na gut, drei. Aber die Fototapete mit Betonoptik hat er ja schon. Sie hängt im zum TV-Studio umgebauten Hinterzimmer seines Büros in Prenzlauer Berg. Von hier sollen die anderen beiden Träume gemeinsam mit seinem Kollegen Boris Rosenkranz Wirklichkeit werden: Sie wollen erstens von ihrer Arbeit an Übermedien leben können. Und zweitens weitere Mitarbeiter beschäftigen“, schrieben Anne Fromm und Jürn Kruse auf der taz-Medienseite zum Start. Heute sind die Wünsche erfüllt und Jürni arbeitet seit letztem Februar bei Übermedien.
Medienjournalist*innen sind Teil eines Reparaturbetriebs, hat Stefan Niggemeier mal gesagt. Wir dürfen uns Übermedien als heitere Betonwerkstatt vorstellen, in der das kindliche Lachen hoffentlich niemals aufhört. Mensch, ihr seid schon fünf. Wehe, ihr werdet neunmalklug und ernst, wenn ihr nächstes Jahr in die Schule kommt. In diesem Sinne: Reingehauen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Spaniens Staatschef im Nahkampf
Ein König mit Cojones
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala