piwik no script img

Frösche in FrankreichProteste gegen Schenkelklopfer

In Frankreich werden Froschschenkel gefeiert und tonnenweise verspeist. Doch der Fang und die Verarbeitung der „Delikatesse“ sind problematisch.

Oje, gibt es heute Froschschenkel? Foto: Steinach/imago

Berlin taz | Das Städtchen Vittel in den französischen Vogesen ist hierzulande vor allem deshalb bekannt, weil Nestlé dort so viel Vittel-Wasser abpumpt, dass die Stadt selbst über eine Pipeline mit Trinkwasser versorgt werden sollte. Für Freun­d:in­nen der gehobenen Küche ist allerdings ein ganz anderes Spektakel in dem Ort relevant: Dort findet nämlich das jährliche „foire aux grenouilles“ statt, zu deutsch etwa „Rummel der Frösche“. 20.000 Besucher werden zur 49. Ausgabe des Froschfressens am Wochenende im Osten Frankreichs erwartet.

Für Froschfamilien in Indonesien ist der Rummel kein Anlass zur Freude: Bis zu 350.000 der Tiere werden für das Fest verspeist. Etwa 74 Prozent der in die EU importierten Froschschenkel kommen aus Indonesien. Dort werden sie in Reisfeldern oder Tümpeln gefangen.

Die EU ist der global größte Importeur von Froschschenkeln: 2019 wurden knapp 4.000 Tonnen importiert, das entspricht je nach Größe 80 bis 200 Millionen Fröschen, wie die Naturschutzverbände Pro Wildlife und Robin des Bois in ihrem Report „Deadly Dish“ bekannt geben. Ein Großteil davon landet auf französischen Tellern.

Der Wildfang in Verbindung mit den massiven Exporten treibt die Dezimierung der indonesischen Froschbestände voran und hat manche Arten schon an den Rand der Ausrottung getrieben. So sind dort große Froscharten wie der asiatische Flussfrosch, der bis zu einem Kilo schwer werden kann, schon so weit verdrängt worden, dass nun kleinere Arten, wie der etwa halb so große südostasiatische Reisfrosch, gejagt werden.

Französischer Appetit bedroht Frösche in aller Welt

Ursprünglich wurden Frösche in den Gebieten gefangen, in denen sie auch gegessen wurden. Als klar wurde, dass die Dezimierung der Bestände Auswirkungen auf das Ökosystem hat und beispielsweise Insektenpopulationen ohne die glitschigen Fressfeinde explodierten, weitete Frankreich den Schutz von Fröschen aus.

Die Lücke im Angebot wurde daraufhin durch Importe aus Indien und Bangladesch geschlossen. Bis dort dasselbe passierte und die Länder ihre Froscharten wiederum auf internationale Schutzlisten setzten. Na­tur­schüt­ze­r:in­nen hoffen nun darauf, dass Indonesien auf gleiche Weise reagiert. Und der europäische Markt dem nicht erneut ausweicht.

Bis dahin sieht das millionenfache Schicksal der Amphibien in etwa so aus: Zunächst werden dem Tier ohne Betäubung und bei lebendigem Leibe die Beine abgetrennt. Um den Ansprüchen der „haute cuisine“ gerecht zu werden, wird dem abgetrennten Teil dann die Haut abgezogen und das restliche Tier sterbend entsorgt.

Bei den „Festlichkeiten“ in Frankreich am kommenden Wochenende werden circa sieben Tonnen Froschschenkel verschlungen. Das lokale Vittel-Wasser dürfte sich dabei als hilfreich erweisen, damit nichts im Halse stecken bleibt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Die Krone der Schöpfung gönnt sich.



    Wie immer und überall.



    Den bitteren Preis zahlen, auch wie immer, die anderen Lebewesen.

  • Im Elsass wird das Ganze noch mit einer superfetten Sauce serviert und sieht alles andere als lecker aus.



    Kein Franzose denkt daran, hier was zu ändern. Selbst Franzosen, die klar denken, wollen sich von der Gänsestopfleber und Froschschenkeln nicht trennen.

  • Würg