Das Portrait: Friedfertiger Bumm-bumm-Däne
■ Niels Helveg Petersen
„Radikale Venstre“ (“Radikale Linke“) mag seine Partei heißen, doch Niels Helveg Petersen ist weder radikal, noch links. Nicht unbedingt so langweilig und faul, wie böse KritikerInnen behaupten, aber jedenfalls recht friedfertig und mit gesunder Abwehr gegen übermäßigen Arbeitsstreß ausgestattet. Außenminister wurde der Mann, der zum Jahreswechsel turnusgemäß den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernimmt, 1993, als seine liberale Partei, die traditionelle „Umfaller-“ oder „Pingpong-Partei“, im dänischen Parteienspektrum, vom konservativen ins sozialdemokratische Regierungsbett hüpfte, nachdem man dort schon bis in die frühen achtziger Jahre heimisch gewesen war. Und der mittlerweile 57jährige Jurist konnte sich auf dem Sessel niederlassen, von dem er immer geträumt hatte.
Nur mit dem Outfit, das von dem passionierten Schach- und Fußballspieler erwartet wird, kommt er nicht zu Rande. Schon vor Jahren setzte Petersen eine Belohung aus, die sich bislang noch kein/e PressefotografIn verdienen konnte: „Eine Prämie für den, der ein Foto von mir schießt, auf dem ich wie ein Staatsmann aussehe.“ Als „ausgesprochen munter“ gilt er bei denen, die ihm täglich begegnen, doch diese Munterkeit dringt nur hin und wieder ans Licht der Öffentlichkeit, so anläßlich des nach wie vor meistzitierten Wortes des Ministers: „Tja – bumm, bumm, bumm!“ – als Antwort auf eine Reporterfrage, wie er denn die aktuelle innenpolitische Entwicklung einschätze.
Petersen kommt aus einer Politikerfamilie, ist mit einer Politikerin verheiratet und fester Bestandteil dänischer Politik, seit er als 27jähriger ins Parlament einzog. Gegen die Mehrheit der eigenen Bevölkerung ein EU-Fan zu sein, hat sein weiteres Schicksal auf dem Außenministerstuhl ebensowenig in Frage gestellt – auch wenn er immer mal wieder für den Abschiebeposten als Parlamentspräsident im Gespräch ist –, wie eine wild zwischen moralischen Parforceritten und peinlicher Kuscherei schwankende außenpolitische Linie. Was die OSZE-Arbeit angeht, hat sich Petersen bislang im wesentlichen in Sachen Baltikum – und hier mit relativ klarer Linie – hervorgetan: Gegen die dort noch geltende Todesstrafe, für die Rechte der Minderheiten, gegen die Drohgebärden aus Moskau. Reinhard Wolff
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