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Friedensforscher-StudieRüstungsexporte verdoppelt

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI hat am Montag eine Liste der fünf weltweit führenden Rüstungsexporteure zwischen 2005 und 2009 veröffentlicht. Deutschland liegt an dritter Stelle.

Wichtigstes Abnehmerland für die deutsche Rüstungsindustrie war die Türkei. Bild: dpa

STOCKHOLM dpa | Deutschland hat seine Rüstungsexporte in den letzten fünf Jahren vor allem durch U-Boote und Panzerfahrzeuge mehr als verdoppelt. Nach Erhebungen des Friedensforschungsinstitutes SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) stieg der deutsche Weltmarktanteil auf elf Prozent für den Zeitraum zwischen 2005 und 2009. Noch mehr exportierten nur die USA mit 30 Prozent und Russland mit 23 Prozent. Von 2000 bis 2004 hatte der deutsche Weltmarktanteil noch bei sechs Prozent gelegen. Wichtigste Kunden sind die Türkei, Griechenland und Südafrika.

Weltweit ermittelte SIPRI bei den am Montag in Stockholm veröffentlichten Angaben einen Anstieg des Waffenhandels in den letzten fünf Jahren um 22 Prozent. Vor allem der Handel mit extrem teuren Kampfflugzeugen hat deutlich zugenommen. "Staaten mit entsprechenden Ressourcen haben erhebliche Mengen geordert. Die Reaktion von Rivalen aus der jeweiligen Region bestand dann darin, ebenfalls zu bestellen", sagte Paul Holtom, SIPRIS Forschungschef zum Waffenhandel.

Wichtigstes Abnehmerland für die deutsche Rüstungsindustrie war die Türkei, an die 14 Prozent der Ausfuhren gingen. Griechenland nahm 13 Prozent ab und Südafrika 12 Prozent. Das schwedische Institut gab keine Zahlen für den finanziellen Wert an. SIPRI kommt regelmäßig zu höheren Angaben über deutsche Rüstungsexporte als die Bundesregierung, weil das Institut Kompensationsgeschäfte und den Handel mit gebrauchter Bundeswehrausrüstung sowie "Geschenke" durch Schätzwerte in die Statistik einbezieht.

Der deutsche Export wurde in den letzten fünf Jahren vor allem durch den Verkauf von U-Booten ins Ausland nach oben getrieben. Kriegsschiffe machten 44 Prozent aller Exporte und Panzerfahrzeuge 27 Prozent der Ausfuhren aus. 2009 unterzeichnete die Türkei einen Vertrag zur Lizenzherstellung von sechs deutschen U-Booten der Klasse U214 im Wert von zwei Milliarden Euro. Griechenland bekam vier bestellte U-Boote wegen Schulden über 524 Millionen Euro nicht ausgeliefert, akzeptierte dann aber die Lieferung von drei in Lizenz hergestellten U-Booten.

SIPRI warnt vor einem neuen Rüstungswettlauf in Spannungsgebieten wie dem Nahen Osten, in Nordafrika, Südamerika sowie Süd- und Südostasien. So habe sich der Waffenhandel in Südamerika in den letzten fünf Jahren gegenüber 2000 bis 2004 um 150 Prozent erhöht. Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland gehörte in den letzten fünf Jahren zu den fünf größten Rüstungskäufern der Welt. Die USA und Russland als führende Exporteure machten jeweils etwa 40 Prozent ihrer Rüstungsgeschäfte mit dem Verkauf von Kampfflugzeugen.

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8 Kommentare

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  • A
    Aristoteles

    Einer der Gründe für die griechische Misere ist die "liederliche" deutsche Rüstungsindustrie. 4% des griechischen Haushalts machen alleine die Rüstungsausgaben aus.

     

    Tolles Marketing der deutschen Rüstungskonzerne, verkaufen an die Türken und die Griechen, damit Türken und Griechen pleite gehen.

     

    Interessant ist auch, dass Dr. Gerhard Cromme Vorsitzender des Aufsichtsrats der ThyssenKrupp AG und Mitglied des Aufsichtsrats des Axel Springer Verlags ist. Stecken da etwa auch Interessen der deutschen Waffenlobbyisten hinter den infamen Hetzkampagnen der Bild gegen die Griechen?

  • A
    anke

    Hat das Institut SIPRI auch den Weiterverkaufs- und den Schenkungswert geschätzt, den deutsche Waffen haben, wenn sie in der Türkei, in Griechenland und in Südafrika nicht mehr gebraucht oder durch neue, noch teurere Systeme ersetzt werden? Nein? Schade. Die Türkei, Griechenland und Südafrika, schließlich, führen aktuell gar keine Kriege in eigenem Namen. Offiziell, meine ich. Und die Deutschen haben von jeher einen Hang zum Selbstbetrug. Den hat schon Matthias Claudius besungen. Im 18. Jahrhundert war das. Er (der Hang, nicht der Claudius) wird seither als nationales Kulturgut gehandelt, fürchte ich. Der Friseur Ihres Vertrauens weiß diesbezüglich sicher mehr. Fragen Sie ihn also ruhig mal wieder nach der Beteiligung deutscher Waffen an den Kriegen dieser Erde, liebe tazlerInnen.

  • S
    Sinon

    Weltwirtschaft bricht ein, alle heulen rum.

    ein wirtschaftszweig boomt trotz allem, alle heulen rum.

    glaubt ihr, wir kommen mit dem export von batik-klamotten und dinkelmüsli wieder auf kurs? und solange länder wie griechenland die abnehmer sind, die sich mit müh und not den kauf, aber nicht mehr lange den laufenden betrieb leisten können, werden doch auch die moralischen erwägungen hinfällig :D

  • L
    llofwyr

    @Warhunter:

     

    Wenn die finanzielle Destabilisierung der Eurozone Fahrt aufnimmt, dann dürfen deutsche Militärs sicher bald auch wieder innerhalb Europas ihre Gerätschaften ausprobieren. Einen geeigneten Kandidaten im Süden gibt’s ja schon!

    Möchte lieber nicht wissen, was passiert, wenn Griechenland von der EU abfällt…..

  • W
    Warhunter

    Super..

    dann können wir ja bald,

    Weltkrieg Teil 3. spielen.

    Dann müssen wir aber aufpassen,

    das wir nicht alle unsere Waffen verkloppt haben....den dann hilft uns das Geld auch nicht weiter.

    Echt Pervers, so etwas überhaubt lesen zu müssen.

  • S
    Sebastian

    Solange Deutschland nur in andere NATO Länder + Israel exportiert ist das in Ordnung. Hauptsache es wird nichts in den Iran oder Venezuela exportiert!

  • E
    Eser

    Und darauf soll man Stolz sein? Eine größere Schande kann ich mir nicht vorstellen.

  • M
    Mac-Lennox

    Ich höre schon die Ermahnungen und Appelle deutscher PolitikerInnen, wenn die türkische Armee mit "guten" deutschen Panzern auf Kurden schießen. Menschenrechte und dergleichen. Es ist nur noch eine FARCE.