■ Gastkommentar: Freundlicher Finanz-Fluß
Wer darf die Hand heben, wenn beim Generalappell der SPD-Fraktion die Kandidaten für den Finanzsenator sich melden müssen? Von dem Häuflein der Übriggebliebenen ist Manfred Fluß bestimmt der Beste. Bei der Bremer SPD rächt sich, daß nach dem Abtritt der alten Garde nur Unauffälligkeit überdauert hat. Die Bürgerschaftsdebatten zeigen aber überdeutlich: auf allen Bänken hockt die Langeweile. Politnörgler prägen das Niveau. Es regiere, wer da will, dieser Stil des Hauses wird noch Jahre dauern.
Insofern ist Manfred Fluß erste Wahl. Einer, der aus großen Zeiten überlebt hat, der in den Flügelschlachten der Partei stand und noch in Verschwörerkreisen hockte, die linke Inhalte zum Durchbruch bringen wollten – natürlich samt ihren Köpfen. Das alles ist längst Legende. Ihn aber gibt es immer noch im Niederwuchs der Nachgekommenen. Und ihn hat Wedemeier nun erwählt. Nicht, um da fortzufahren, wo Volker Kröning aufhört. Der ist derzeit der einzige im Senat, der in Zusammenhängen denkt und über eine Legislaturperiode hinaussieht. Das brachte den Konflikt mit Wedemeier und die Vereinsamung im Senat. Der freundliche Fluß soll freundliches Regieren bis zur Wahl gestatten, Kassandrarufe aus dem Haus des Reichs zur frohen Botschaft werden lassen. Wer viel rechnet, kriegt viele Lösungen, und eine paßt am Ende immer.
Wenn Manfred Fluß gewählt wird, ist er stark. Ein strategisches Konzept, die Wahl zu durchkreuzen, gibt es nicht. Ob die Miesmacherverschwörung diesmal reicht, ist ungewiß. Nach ihm gibt es kein allerletztes Aufgebot mehr fürs Finanzressort. Er muß also kein willfähriger Senator sein. Das aber bedeutet Einsamkeit für den Neuling im Kreise der Altgedienten und Gegnerschaft zum Rathaus. Für Kröning war's zuviel . Horst Werner Franke, Senator a.D.
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