Freilassung von Pastor Andrew Brunson: Gebet ja, Deal nein
Nach seiner Freilassung aus der Türkei hat Pastor Brunson Trump getroffen und gesegnet. Der US-Präsident betont, es habe keinen Deal mit Erdogan gegeben.
Bei einem Empfang Brunsons im Weißen Haus am Samstag bedankte sich Trump mehrfach beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. „Ich möchte Präsident Erdogan dafür danken, das ermöglicht zu haben“, sagte er. „Es war nicht leicht, und es war für ihn nicht leicht.“
Trump fügte hinzu: „Wir haben lange und hart verhandelt.“ Erdogan versuchte mit einem Tweet an Trump, dem Eindruck entgegenzutreten, dass er auf den Gerichtsbeschluss zu Brunson Einfluss genommen haben könnte. Die türkische Justiz habe ihre Entscheidung auf unabhängige Weise getroffen, betonte Erdogan. Experten haben Zweifel an der Unabhängigkeit der türkischen Justiz. Ein Gericht in der westtürkischen Küstenmetropole Izmir hatte den Hausarrest und die Ausreisesperre Brunsons am Freitag aufgehoben.
Trump sagte am Samstagabend (Ortszeit) bei einer Wahlkampfrede in Richmond im Bundesstaat Kentucky: „Wir werden jetzt wahrscheinlich eine fantastische Beziehung zur Türkei aufbauen.“ Auch nach der Rückkehr Brunsons gibt es allerdings Streitpunkte zwischen Washington und Ankara.
Weitere Gefangene
Der Nasa-Wissenschaftler Serkan Gölge – ein US-Staatsbürger – sowie einheimische Mitarbeiter von diplomatischen Vertretungen der USA sind weiterhin in der Türkei inhaftiert. Auf scharfe Kritik stößt außerdem, dass das Nato-Mitglied Türkei mit Russland den Kauf von S-400-Flugabwehrraketen vereinbart hat.
Der Fall Brunson – der wegen Terrorvorwürfen zwei Jahre lang in der Türkei festgehalten wurde – stand im Zentrum einer schweren Krise zwischen Washington und Ankara. Trump hatte im Zuge der Krise Sanktionen gegen zwei türkische Minister verhängt und Strafzölle gegen die Türkei erhöht. Der US-Präsident hatte damit die Talfahrt der Landeswährung Lira noch einmal beschleunigt.
Pastor Andrew Brunson
Der US-Sender NBC hatte am Donnerstag von einer „geheimen Vereinbarung“ berichtet, die den Weg für Brunsons Rückkehr in die USA ebne. Die USA hätten im Gegenzug zugesagt, wirtschaftlichen Druck von der Türkei zu nehmen. Das Außenministerium in Washington hatte eine solche Vereinbarung nicht bestätigt.
Brunson bedankte sich am Samstag bei Trump, der sich lange persönlich für seine Freilassung eingesetzt hatte. Dann sagte der Pastor, dessen Familie ebenfalls im Weißen Haus war: „Wir würden gerne für Sie beten.“ Brunson kniete vor Trump zum Gebet nieder und legte dem Präsidenten die linke Hand auf die Schulter, bevor er sagte: „Oh Gott, ich bitte Dich, dass Du Deinen Heiligen Geist über Präsident Trump ergießt. Dass Du ihm übernatürliche Weisheit gibst, um alle Pläne, die Du für dieses Land und für ihn hast zu erfüllen.“
Zwei Verbündete
Erdogan schrieb an Trump: „Ich hoffe, dass die USA und die Türkei ihre Zusammenarbeit fortsetzen, so wie es sich für zwei Verbündete gehört.“ Erdogan hatte die von den USA verhängten Strafmaßnahmen einen „Wirtschaftskrieg“ und Trump einen „Kraftmeier“ genannt.
Brunson war im Oktober 2016 wegen Terrorvorwürfen in der Türkei festgenommen und später in Untersuchungshaft genommen worden. Ende Juli hatte ein Gericht die Haft in Hausarrest umgewandelt. Auch zwischen Deutschland und der Türkei hat die Inhaftierung von Bundesbürgern immer wieder zu schwerem Streit geführt.
Brunson war noch am späten Freitagabend aus der Türkei ausgereist. Zwischengelandet war er auf der US-Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz, wo er vom US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, empfangen worden war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten