piwik no script img

Freier Rundfunk in BerlinRadio Einheit kommt nicht ganz rüber

Wieder wird eine gute UKW-Frequenz frei - aber nicht für die unkommerzielle Szene

Liefert es mehr als Dudelfunk? Bild: ap

JazzRadio ist tot, es lebe JazzRadio! Oder Novajazz. Oder Jazz FM. Oder jazz fm. So ist das mit dem Formatradio: Stirbt ein Spartensender, kann sein Platz vom nächsten eingenommen werden, der die gleiche Klientel bedient. Zuletzt traf es JazzRadio. Der Sender ist insolvent, seine Frequenz wurde ausgeschrieben. Ende August veröffentlichte die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) das Ergebnis: 24 Bewerbungen gingen ein - darunter nicht nur die der JazzRadio-Leute, die jetzt unter New JazzRadio GmbH firmieren, sondern auch drei weitere für Sender mit den erwähnten Namen.

Das soll aber nicht heißen, dass es wieder ein Jazzsender werden wird. Der Medienrat habe da keine Präferenz, teilt mabb-Sprecherin Susanne Grams mit. Ende September werde er die Anhörungen zu den Bewerbungen vornehmen. Es bewerben sich übrigens auch vier Firmen mit Sitz in Bayern und zwei aus dem Ausland. Eine Handvoll bereits präsenter Sender will hingegen nur die Frequenz wechseln.

Das würde auch Paul Motikat von der Gruppe Radiopiloten gern, die nicht nur im Rahmen von PiRadio auf der im Frühjahr geschaffenen nichtkommerziellen Welle 88vier sendet, sondern seit Montag auch auf der für temporäre Radios vorbehaltenen Frequenz 99,1 Mhz. Mit dem Kulturzentrum Brotfabrik zusammen hatte sie ein Veranstaltungsradio beantragt, das sich auf zwei Festivals bezieht: die Somnambule, ein Festival zu Stummfilmthemen, und das Internationale Literaturfestival. Ein weiterer Bezug ist das Ende der DDR vor 20 Jahren, weshalb das bis zum 3. Oktober laufende Projekt Radio Einheit heißt.

Die 99,1 wird aber nur in einem Teil Berlins empfangen, was sie mit 88vier gemeinsam hat. Letztere kann nur von 900.000 Menschen gut gehört werden und im Nordosten so gut wie gar nicht. Die beiden ergänzen sich jetzt räumlich etwas, weshalb es nicht tragisch ist, dass sie teilweise das gleiche Programm haben.

Angesichts des Wettbewerbs um die JazzRadio-Nachfolge befürchtet Motikat "eine weitere Dudelfrequenz". Dass stattdessen die nichtkommerzielle Szene eine vernünftige Frequenz bekommt, ist ausgeschlossen, wie auch Grams bestätigt. Derartige Überlegungen gebe es bei der mabb nicht: "Lassen Sie die 88vier sich erst mal etablieren."

Warum die im Frühjahr von der mabb als innovatives Konzept zur Abbildung der radiokulturellen Vielfalt Berlins präsentierte 88vier bislang eine Mogelpackung ist, erklärt Ronald Bär vom Sendenetzbetreiber Media Broadcast: "Das Berliner Frequenzband ist komplett belegt." Es gebe aber Bedarf, die Vielfalt zu erhöhen, weshalb 2008 getestet worden sei, ob auf 88,4 Mhz noch ein Sender reingezwängt werden könne. Es funktionierte zwar, doch muss der Sender schwach sein. Ähnlich ist es bei der 99,1. Hier wird übrigens die gesamte Technik von den freien Radiogruppen gestellt. An Radioenthusiasmus von unten mangelt es also nicht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!