Freie Maskenstadt Bremen: Ende eines Horror-Märchens
Der rot-grün-rote Senat von Bremen will Filtering Face Pieces an alle Bürger*innen verschicken. Für lau, damit sich alle eine leisten können.
![Eine FFP2-Maske liegt auf einem schwarzen Hintergrund Eine FFP2-Maske liegt auf einem schwarzen Hintergrund](https://taz.de/picture/4640065/14/danielkarmann-dpa-1.jpeg)
Kommt ein Ding, geht das andere: Die Mode der Do-it-yourself-Mundschutze ist ab Februar vorbei. Zwar, richtig, also mehrlagig genäht und möglicherweise mit Zellstoff-Inlay, war ihre Filtrationswirkung jener der zertifizierten OP-Maske laut einer im Oktober publizierten Studie der University of Illinois mehr als nur ebenbürtig.
Auch hatte die Individualisierung durch Design die beeinträchtigte Subjektivitätsmaschine Gesicht ein wenig am Laufen gehalten, und dem Horrormärchen, das es laut Deleuze und Guattari ist, mitunter schrille neue Aspekte hinzugefügt. Aber seuchenpolitisch war die fehlende Normierung der Bastelarbeit ein Problem. Denn sie hatte halt auch immer wieder Spinner eingeladen, die bisherige Maskenpflicht dem Buchstaben nach zu befolgen und mit Quatsch-Läppchen doch zu unterlaufen.
Also gibt’s jetzt eine Einweg-Maskenpflicht. Die bedeutet ein Entsorgungsproblem. Gerade wenn man zum niedrigpreisigen OP-Mundschutz greift, wird sie sich als umweltpolitisch so sinnig und segensreich erweisen, wie es eine Plastiktütenpflicht beim Einkaufen wäre. Außerdem schützt sie nur sehr, sehr wenig.
Besser, viel besser schneidet da das „Filtering Face Piece“ ab, das der 2001 erlassenen Euronorm 149 entspricht, zumindest, wenn man es mehrfach verwendet. Denn die FFP2-Maske ist ganz klar ein Produkt der 1970er-Jahre, also ein Einwegartikel, erfunden, als man zu ahnen begann, dass kleine Partikel einzuatmen große Schäden verursacht.
Jeder Hersteller wird nun dringend abraten, auch nur darüber nachzudenken, das Teil nicht sofort nach Gebrauch zu entsorgen. Aber das muss man nicht, das ist klar.
Anfang des Jahres gab es gerade mal fünf peerreviewte infektiologische Maskenstudien, hatte ein Team um Trisha Greenhalgh im April moniert, jetzt liegen etliche vor. Und die junge und aufstrebende Disziplin der Maskenforschung hat sich auch dem Nachhaltigkeitsproblem zugewandt und mit Versuchsreihen an der Fachhochschule Münster bahnbrechende Ergebnisse erzielt: Wer die Dinger eine Woche lang bei Zimmertemperatur auslüftet oder sie bei 80 Grad – nicht mehr, nicht weniger! – eine Stunde lang bäckt, kann sie unbesorgt weiterverwenden. Aber ausschließlich mit Unter- und Oberhitze!
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