Fraunhofer-Chef unter Beschuss: Lückenlose Aufklärung gefordert
Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer steht stark in der Kritik. Er soll private und dienstliche Angelegenheiten vermischt haben.
Er gilt als einer der mächtigsten Forschungsmanager Deutschlands: Der Chemnitzer Ingenieur Reimund Neugebauer, der seit zehn Jahren Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) ist. Die größte öffentliche Organisation für anwendungsorientierte Forschung mit 29.000 Beschäftigen in 75 Instituten mit einem Jahresbudget von 2,8 Milliarden Euro ist bei den heißen Innovationsthemen ganz vorne dabei, etwa mit dem Bau der Forschungsfabrik Batteriezellen in Münster oder dem Betrieb des ersten Quantencomputers in Europa.
Jetzt sind gegen Neugebauers Amtsgebaren massive Vorwürfe erhoben worden. Das Düsseldorfer Magazin Wirtschaftswoche berichtete, dass Kunstausstellungen der Ehefrau Neugebauers aus der Fraunhofer-Kasse finanziert worden seien. „Insider werfen Fraunhofer-Chef Reimund Neugebauer vor, private und dienstliche Angelegenheiten zu vermischen“, heißt es in dem Text. Ein „Skatfreund“ habe im Vorstand spektakulär Karriere gemacht, während andere Führungskräfte aus der Münchener Zentrale flüchteten. Kritik gab es auch an der mageren Gründungsbilanz der Institute oder der außergewöhnlichen Wiederwahl des 67-jährigen Neugebauers für weitere zwei Jahre, die kürzlich durch den Senat im Umlaufverfahren statt in regulärer Sitzung stattfand.
Mit einer Kleinen Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Thomas Sattelberger über „etwaige Ungereimtheiten bei Personalentscheidungen und -wechsel bei der Fraunhofer-Gesellschaft“ hat die Affäre auch die Bundesregierung erreicht. „Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Abgängen dreier Technologie-/Marketing- beziehungsweise Geschäftsmodell-Vorstände in wenigen Jahren, und betrachtet sie Wechsel in dieser Frequenz als normal?“, lautet eine der zwölf Fragen.
Eine weitere erkundigt sich nach dem „Stand der Einführung einer SAP-Software“ und ob „der aktuelle Rücktritt des Digital-/IT-Vorstands im Zusammenhang mit Ressourcenkonflikten bei dem laufenden SAP-Projekt“ stehe. Die Bundesregierung will bis zum 22. September antworten.
„Die Affäre Neugebauer muss lückenlos aufgeklärt werden“, fordert Sattelberger. Er hoffe, dass der Fraunhofer-Chef das Seinige dazu beitragen werde, denn: „Amtsverständnis, Führungsstil und moralischer Kompass müssen für höchste Wissenschaftsmanager in diesem Lande über jeden Tadel erhaben sein“, so der FDP-Politiker.
Nun gilt es, Reputationsschaden zu vermeiden
Für Kai Gehring, den forschungspolitischen Sprecher der Bundestags-Grünen, müssen „die im Raum stehenden Vorwürfe von Bevorzugung schnell aufgeklärt werden, um Reputationsschaden abzuwenden“. Den Hinweisen müsse unverzüglich nachgegangen werden. Die öffentliche Finanzierung der Wissenschaft fuße auf „dem gesellschaftlichen Vertrauen in die Einhaltung hoher Standards und Redlichkeit“, erklärte Gehring gegenüber der taz. „Dazu gehört auch ganz selbstverständlich, persönlichen Abhängigkeiten und Bevorzugungen vorzubeugen und mit wirksamen Compliance-Regeln und Meldeverfahren entgegenzuwirken.“
Der Pressesprecher der Fraunhofer-Gesellschaft Janis Eitner verwahrte sich gegen die Aussagen des Magazins. „Diese tendenziöse Fraunhofer-kritische Berichterstattung basiert auf Fehldarstellungen und Herabsetzungen.“ So seien etwa die Kunstausstellungen der Präsidentengattin nicht zu beanstanden. „Das Engagement von Frau Dr. Neugebauer im Rahmen des „Netzwerks Wissenschaft, Kunst und Design“ der Fraunhofer-Gesellschaft umfasst die ehrenamtliche Schirmherrschaft desselben und geht auf Initiative und Bitte mehrerer Institutsleitender zurück“, erklärte Eitner auf Anfrage der taz.
Auch die Gründungspolitik der FhG sei erfolgreich, was sich etwa in der Initiierung des „Fraunhofer Technology Transfer Fonds“ mit 60 Millionen Euro Unterstützungskapital zeige. Insgesamt seien in der Amtszeit Neugebauers 206 von insgesamt rund 500 Fraunhofer-Ausgründungen erfolgt. Auch die Wiederwahl habe als „ein transparenter Prozess innerhalb des Senats“ stattgefunden.
Bei einfacher Gegenrede wird es offensichtlich nicht bleiben, deutet Eitner an: „Die im Artikel der Wirtschaftswoche zahlreich vorhandenen Fehldarstellungen prüfen wir derzeit sehr genau mit Hilfe unserer Medienanwälte und eruieren weitere potenzielle Schritte.“
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