Frauenuniversität: Kartoffelkörper
■ 140 Nachwuchswissenschaftlerinnen aus aller Welt bereichern die Uni
Gut, dass der schicke Glas-kasten und die schöne neue Mensa noch rechtzeitig zum Beginn der Internationalen Frauenuniversität (ifu) fertig wurden. Damit passt sich die Bremer Uni wenigstens optisch dem Niveau der einmaligen Sommeruniversität an, die anlässlich der Expo drei Monate in Hannover ihren Hauptsitz hat. Rund 900 Studentinnen und 200 Dozentinnen aus 115 Ländern basteln in sechs Projektbereichen (Wasser, Stadt, Migration, Körper, Information, Arbeit) an ihrer wissenschaftlichen Karriere und knüpfen internationale Kontakte.
Bis zum 10. August sind die 140 Studentinnen aus dem Projektbereich „Körper“ zu Gast in Bremen (die taz berichtete) und ziehen sich die Veranstaltungen rein, die sich um Sexualität, Körpersprache und Körperbilder in den Medien drehen. Und Kartoffeln. „What kind of potatoes do you have in Germany?“ fragte Jacqueline Alexander in der gestrigen Auftaktvorlesung. Es ging allerdings nicht um Ackerbau und Subsistenzwirtschaft, sondern um die subtilen Wege, die ein Staat beschreitet, um Heterosexualität als Norm zu wahren. Sex soll ja nicht einfach nur Spaß machen, sondern in erster Linie Staats-BürgerInnen produzieren.
Was hier so flapsig klingt, war hochkompliziert und wurde dennoch verständlich vorgetragen, da Alexander – anders als viele ihrer KollegInnen an deutschen Universitäten – in der Lage ist, ihren Vortrag didaktisch wertvoll zu gestalten. Die Kartoffeln kamen zum Beispiel ins Spiel, um den Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Rassismus zu veranschaulichen: Wer be-stimmt eigentlich, wie viele Kartoffelsorten es gibt? Gibt es vielleicht noch andere, von denen wir einfach noch nie etwas gehört haben?
Der kleine Hörsaal hörte nicht nur ungewohnte Vergleiche, sondern erblickte auch mal etwas anderes als die handelsüblichen Manager in spe mit Handy und eigener Firma. Frauen, Frauen, Frauen und noch mal Frauen. Schwarz und weiß, viele Jungakademikerinnen und ein paar gestandene Berufstätige, krauseglattelangekurzeblonderote Haare – alles was das differenz-feministische Herz begehrt.
Eiken Bruhn
Veranstaltungen (in Englisch): „Baby I will make you sweat“ von Birgit Hein am 2. August um 19 Uhr im großen Hörsaal, „Outlaw bodies and intermedia“ mit der Künstlerin Katerina Thomadaki am 9. August, gleiche Zeit, gleicher Ort (jeweils Videovorführung bzw. Vortrag und Diskussion). Podiumsdiskussion und Fest beim Künstlerinnenhof „Die Höge“ am 5. August ab 18 Uhr.
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