Frauenquote bei der „Zeit“: Beste Zeiten für Frauen
Giovanni di Lorenzo ist ein Frauenversteher. Er will alles tun, um die 30-prozentige Quote in den Medien durchzusetzen – alles was in seiner Macht steht.
Am Montag haben Hunderte Medienfrauen eine Quote für Medienfrauen gefordert – auch und gerade in Spitzenpositionen. 30 Prozent Chefredakteurinnen, Hauptabteilungsleiterinnen usw. in den nächsten fünf Jahren – so pragmatisch, so schwierig. Mittlerweile haben – zum Zeitpunkt, zu dem diese Zeilen geschrieben werden – 803 Menschen den Aufruf auf pro-quote.de unterschrieben. Darunter sind auch ein paar Männer. Und es hagelt mediale Reaktionen – auch von der gute alten Zeit.
Am Tag nach dem Aufruf wagte sich zunächst nur Christoph Amend für das Zeit Magazin vor und schrieb den „lieben Initiatorinnen“, er könne die „Forderung nach mehr weiblichen Führungskräften in den Medien nur unterstützen“. Und dass er die 30 Prozent beim Zeit Magazin und auch den Publikationen des Zeit-Kunstverlages (Weltkunst, Kunst und Auktionen) glücklicherweise ja eh schon erreicht habe.
In der am Donnerstag erscheinenden Zeit legt nun der für den gesamten Rest und „über und unter mir gildets-nicht“ Chefredakteur Giovanni di Lorenzo nach: „Merkwürdig, wie homogen und hermetisch Redaktionen oft noch sind“, wundert sich der Zeit-Chef und bekennt, bislang Gegner von Quotierungen aller Art gewesen zu sein. Doch der „Konfrontation mit einer Realität, der wir glaubwürdig nichts entgegenhalten können“ lässt es sich nicht länger ausweichen.
Guter Wille, gute Frauen
Die Zahl der Journalistinnen wächst von Jahr zu Jahr, und „die Diskrepanz zwischen ihrer Präsenz und ihrer Beteiligung an der Macht in Redaktionen ist nicht zu rechtfertigen“, so di Lorenzo, „selbst wenn man berücksichtigt, dass geeignete junge Frauen noch ein paar Jahre brauchen, um in leitende Positionen zu gelangen, und es hin und wieder auch Frauen gibt, die sich eine hierarchische Aufgabe nicht antun wollen. Was also, wenn guter Wille und gute Frauen allein keine guten Ergebnisse erzielen? Dann ist eben doch die Zeit für eine Quote gekommen.“
Nun sieht auch der Zeit-Chefredakteur seinen Laden schon beinahe am Ziel, jedenfalls wenn er alle stellvertretenden Ressortleiterinnen mitzählt. Und außerdem hatte die Zeit in Marion Gräfin Donhöff ja lange eine mehr als profilierte Chefredakteur- und spätere Herausgeberin. Doch di Lorenzo kneift nicht wirklich und bekennt: „Das ist nur die halbe Wahrheit“, schließlich sind die Leiter so wichtiger Ressorts wie Politik, Wirtschaft, Feuilleton oder Wissen – Kerle, „ganz zu schweigen von der Chefredaktion oder der Herausgeberschaft“.
„Wir nehmen den Ball auf“
Die Quote sei „kein Ziel an sich“, aber ein Instrument, das „Chefs und Frauen halb ermutigen, halb zwingen soll, sich anzustrengen, über ihren Schatten zu springen“. Und dann kommt das, was Tucholsky wohl ein kleines Gießener Ehrenwort genannt hätte, also eine winzigkleine Rückfalloption: „Namens der Chefredaktion der Zeit erkläre ich: Wir nehmen den Ball auf und werden alles in unserer Macht Stehende tun, dieser Forderung auch gerecht zu werden.“
Doch so weit, die zu ziehen von wegen Macht und Stehen, so weit wird es gar nicht kommen, schreibt di Lorenzo und lädt mindestens 30 Prozent der Verantwortung gleich wieder bei den Frauen ab: Wenn die Zeit bis 2017 die Quote verfehlt - „das wäre dann so peinlich für uns oder die Frauen oder beide, dass es nicht geschehen wird“. Und peinlich, das mag der Zeit-Chef so gar nicht.
Weshalb sich sein Leitartikel schon für diesen einen Satz lohnt: „Frauen sind nicht die besseren Journalisten, sie führen auch nicht besser. Nur eben anders, meistens uneitler als Männer“.
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