: Frauen bevorzugt
■ Gleichstellungsstelle präsentierte Gesetzentwurf/ Amtsmänner voller Gegenwehr
Bei einer wenig beachteten „Richtlinie“ zum Frauenfördern will es die Bremer Gleichstellungsstelle nicht länger belassen. Ein „Gesetz“ soll stattdessen her, ein „Gesetz zur Aufhebung der Benachteiligung von Frauen“, kurz „GAB“ genannt. Gestern stellte die Landesfrauenbeauftragte Ursula Kerstein zusammen mit der Juristin Brigitte Melinkat den Gesetzentwurf vor. Er soll in einer großen Anhörung von über vierzig Verbänden öffentlich debattiert und - in eventuell weiter abgeschwächter Form - bis Ende 1989 von der Bürgerschaft verabschiedet werden. Dann wäre Bremen das erste Bundesland mit Gleichstellungs-Gesetz.
Die 1984 in Kraft getretene „Richtlinie“ war von den zuständigen Behördenmännern wenig ernst genommen worden, dies hatte ein wissenschaftlicher Begleitforscher von der Universität mit zahlreichen Beamtenzitaten belegen können. Die Gleichstellungsstelle verspricht sich von dem neuen Entwurf, allein weil er Gesetzesrang bekommen soll, mehr „Durchsetzungskraft“. Von den rechtlichen Formulierungen her bietet der Gesetzentwurf Bewerberinnen nicht viel mehr Chancen als die bisherige „Richtlinie“. Der entscheidende
Paragraph 3 (1) heißt: „Bei Einstellungen sind Frauen bei gleichwertiger Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber in den Bereichen bevorzugt zu berücksichtigen, in denen sie unterrepräsentiert sind“. Männlichen Mitbewerbern stehen die Hintertüren wieder weit auf, wenn auch nicht ganz so sperrangelweit wie in der „Richtlinie“. Erstens kann ihnen eine wie gehabt höhere Qualifikation bescheinigt werden, zweitens sind Ausnahmen von der Regel zulässig - „wenn schwerwiegende, in der Person des männlichen Bewerbers liegende Gründe dies erfordern.“ Sprich: Wenn der Bewerber überzeugend eine soziale Notlage geltend machen kann.
Neu an dem Gesetzentwurf ist der Geltungsbereich. Außer in den öffentlichen Verwaltungen sollen Frauen bald auch bei der Bremer Landesbank und bei Radio Bremen, bei der Sparkasse Bremerhaven und bei den Deichverbänden, bei den Krankenhäusern und bei den Arbeiter- und Angestelltenkammern bevorzugt eingestellt werden - im JuristInnen-Deutsch: bei den „nicht bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts“. Neu ist ebenfalls, daß künftig in allen ca.
150 Dienststellen Frauenbe auftrage „auf Vorschlag der Mehrheit der weiblichen Bediensteten zu bestellen“ sein sollen. Neu ist auch, daß zur Qualifikation einer BewerberIn auch die durch Familienarbeit erworbenen Fähigkeiten gerechnet werden können.
Der sorgfältig ausgestaltete Gesetzentwurf der Gleichstellungsstelle fällt jedoch zurück hinter den im Juni präsentierten grünen Entwurf. Der wollte den Dienststellen vorschreiben, daß sie - so gern sie auch Männer bevorzugen siebzig Prozent aller vakanten Posten mit Frauen besetzen müssen.
Doch auch wenn sich der „Gesetz„-Entwurf der Gleichstellungsstelle nicht stark von der „Richtlinie“ unterscheidet, der männliche Widerstand ist gewachsen. Der Entwurf hatte, so Ursula Kerstein, „viele irrationale Ängste geweckt“ und war deshalb in der Vorbereitungsphase bereits entschärft worden: „In den Gremien sitzen Männer, die sich Chancen auf Beförderungen ausrechnen. Für die wird es ernst“. Die Gleichstellungsstelle hofft nun, daß der Entwurf den Klageweg und die Anhörungen überstehen wird.
Barbara Debus
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