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Frauen, Kinder, ZivilistenDas große Opfer-Raten

Wie erkennt man eigentlich die "zivilen Opfer" in Gaza, und wer zählt die Toten in einem klandestinen Krieg?

Könnte laut UN-Agentur für Palästina auch eine Hamas-Kämpferin sein - also ein legitimes potenzielles Opfer. Bild: reuters
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Dafür, dass die israelische Armee keine unabhängigen Berichterstatter bei ihrem aktuellen Feldzug zulässt, lasen sich die Opferzahlen nach einer Woche doch verblüffend präzise. Von genau 464 Toten und 2.370 Verwundeten auf palästinensischer Seite war da die Rede, wobei vorsichtshalber nicht unterschieden wurde zwischen den unerwünschten "zivilen" Opfern und solchen, die wegen ihrer Zugehörigkeit zur Hamas quasi erwünscht sind.

Gesundheitsbehörden vor Ort schätzen den Anteil ziviler Opfer auf rund 25 Prozent, die UN-Agentur für Palästina, UNRWA (United Nations Relief and Works Agency), veröffentlicht in der Regel niedrigere Zahlen - die auch auf denen der örtlichen Krankenhäuser und Ambulanzen basieren, wohin die 11.000 Mitarbeiter zählende UNRWA Emissäre entsendet.

Wie aber kann, wo beispielsweise Bomben in dicht besiedelten Gebieten Gebäude in Schutt und Asche legen, überhaupt zwischen zivilen und nicht zivilen Opfern unterschieden werden? Gar nicht, wäre hier die redliche Antwort. Weils aber mit der Redlichkeit in Zeiten verschärfter Propaganda auf beiden Seiten nie weit her ist und ohne belastbare Zahlen zwischen einem "sauberen" und einem "schmutzigen" Krieg nur schwer unterschieden werden kann, haben sich die Vereinten Nationen auf genau zwei Anhaltspunkte für den korrekten body count geeinigt: Alter und Geschlecht.

Praktisch bedeutet das, dass nur Frauen und Kinder als zivile Opfer gewertet werden - womit die gesamte männliche Bevölkerung im "wehrfähigen" Alter unter Hamas-Generalverdacht gerät. Um diesen Eindruck auszuschließen, hat die UNRWA mancherorts auch solche Opfer zu den "zivilen" gerechnet, die nicht die dunkelblauen Uniformen der örtlichen Polizei trugen - und darauf hingewiesen, dass andererseits durchaus auch Frauen oder ältere Kinder als Hamas-Kämpfer gelten müssten, also unter Umständen legitime Opfer der israelischen Angriffe darstellen.

Auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz Ende Dezember erklärte John Holmes von der UNRWA, die von seiner Organisation ermittelten Zahlen sollten eine "glaubwürdige Mindestvorstellung" von den Opfern geben, wobei die Dunkelziffer, wie bei diesen dummen Dunkelziffern üblich, deutlich höher liegen könne.

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5 Kommentare

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  • C
    chriwi

    ZITAT: "zwischen einem "sauberen" und einem "schmutzigen" Krieg nur schwer unterschieden werden kann"

     

    Es gibt keine sauberen Kriege. Wie sollen die denn aussehen. Stirbt da niemand und nichts wird zerstört? Bloß weil man sich an die Genfer Konventionen hält ist Krieg nicht sauber nur geordneter und das schlechte Gewissen der Befehlshaber wird beruhigt. Wo sind denn diese Führer? Sicher nicht an der Front. Wenn sie dort sein müssten würden sie es sich zwei mal überlegen.

  • U
    unglaublich

    Die Haltung der westlichen Medien zu den Vorkommnissen in Gaza ist geradezu eine Legitimation jeglicher art von Terror. Es kommt lediglich auf die Seite an auf der man kämpft. Wenn ein Moslem für seine Heimat kämpft ist er ein Terrorist wenn dies irgendjemand sonst auf der Welt tut wird er heroisch Freiheitskämpfer genannt. Wenn bei Anschlägen der einen Seite Zivilisten zu Tode kommen nennt man sie feige Angriffe auf die Menschheit doch tut das selbe zb. Israel oder die Usa spricht man von Koleretalschäden.

     

    Der verfasser dieses unglaublichen Artikels unterstellt sogar den zutode gekommenen Kindern die Mitgliedschft bei der Hamas und erklärt somit diese kindstötungen für Legitim.

     

    Ich verachte die Medien dieses Landes zutiefst und eventuell wird man einestages die Zivilen opfer eines anderen Schauplatzes genau so rechtfertigen wie es heutzutage in deutschland und dem Rest der westlichen Welt üblich ist.

  • B
    Bert

    Wie gerne möchte man sich (auch hierzulande) rausreden, man sei politisch unschuldiger Zivilist! Wer 19 % Mehrkriegsteuer für "friedliche" Geschenke zu den Winterfeiertagen zahlt, ist nicht ganz unschuldig am Krieg. Wer in Kriegszeiten ein "normales, bürgerliches Leben" pflegt, statt zu protestieren oder (wie die Arbeiter und Matrosen 1918) Generalstreiks und Meutereien zu organisieren, ist nicht unschuldig am Krieg.

     

    Wenn Frauen mit Terroristen zusammenleben, sei es Magda Göbbels in der Nazizeit oder die 4 Frauen des neulich getöteten Hamas-Führers, sind sie ganz und gar nicht politisch unschuldig. Nazi- und Terroristenbräute gehören genauso verurteilt wie ihre männlichen Partner.

     

    Die Bomben auf Dresden mögen einige politisch Unschuldige getroffen haben, aber trafen sie nicht in vielen Fällen Heil-Hitler-Schreier und auch Heil-Hitler-Schreierinnen mit einem gewissen Recht?

     

    Wie seinerzeit die Engländer im 1. Weltkrieg mit der Lusitania ("ziviles" Passagierschiff, das auch Waffenkisten transporierte und deshalb von einem deutschen U-Boot versenkt wurde) vermischt die Hamas vorsätzlich das Zivile mit dem Militärischen. Rein kriegs- und völkerechtlich ging die Sache mit der Lusitania damals so aus, dass es rechtmäßig war, sie zu versenken, weil sie Waffen an Bord hatte.

     

    Also kann man es echt politisch unschuldigen Zivilisten nur wünschen, dass es ihnen gelingt, sich auf Distanz zu Waffen und Waffenträgern zu halten.

  • OA
    oguz aksoy

    sehr geehrter damen und herren.

     

    ich schäme mich wenn ich ihre beitrag lese

    journalismus ist eine verantwortungsvolle beruf

    was moment nicht viele verdienen dazu gehört diese

    beitrag opfer raten.

    schreiben sie bitte irgend etwas das kinder frauen

    alte menchen sterben verlangen sie sofort den waffenstillstand ich habe meine vertrauen an die menscheit verloren.

    hochachtungvoll

    oguz aksoy

  • R
    rubin

    Es ist eine beänstigende Tatsache, dass in modernen Kriegen die Zahl der zivilen Opfer diejenige der getöteten Soldaten oder Militanten regelmäßig übersteigt. Wir können diesmal aber nicht die Tatsache schönreden, dass Hamas-Kämpfer Raketen von Schulhöfen abfeuern und Moscheen als Waffenlager benutzen. Es gibt ja sogar Berichte davon, dass Hamas-Leute in den letzten Tagen gezielt dutzende mutmaßliche Kollaborateure getötet haben. Gleichzeitig können wir es nicht verschweigen, dass Israel in den vergangenen Tagen vor dem Beschuss von militärischen Zielen in Wohngebieten Anwohner über SMS und automatische Anrufe gewarnt hat. Die englische Zeitung TIMES Online berichtete schon vor zwei Tagen, dass Hamas ihren Kämpfern den Befehl gegeben hat, keine Uniformen mehr zu tragen, womit gegen die Haager Landkriegsordnung verstösst wird.Das gehört auch zum Bild dieses schrecklichen Geschehens.