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Frauen-HockeyDie Torbloggerin

Weil sich Torfrau Yvonne Frank mit Fußballkeeper Hildebrand und Handballtorwart Lichtlein zusammengetan hat, rückt das deutsche Hockeyteam dem EM-Titel näher.

Bundestrainerin für einen Abend: Deutsche Torhüterin Yvonne Frank Bild: dpa

MANCHESTER taz Unbemerkt ist am vergangenen Samstag, nach dem 7:1-Sieg gegen Aserbaidschan zum Auftakt der EM in Manchester, der Bundestrainer der deutschen Frauen-Hockeyauswahl zurückgetreten. So, sagte Michael Behrmann seiner verblüfften Mannschaft auf der Sitzung nach der Partie, sie hätten nun eine neue Trainerin: Yvonne Frank, die Torfrau.

Der Rollentausch galt allerdings nur für einen Abend. Zur Abwechslung sollte einmal Frank das Spiel vor dem Team analysieren. Es war Teil der Strategie, mit der Behrmann den gefürchtetsten Gegner der EM-Vorrunde bekämpfte: das Schwinden der Konzentration. Angesichts der unterlegenen Konkurrenz drohte die Gefahr, die Nationalelf könnte sich an der eigenen Stärke langweilen und dann, wenn am heutigen Donnerstag nach den drei souveränen Vorrundensiegen im Halbfinale gegen England die EM in aller Ernsthaftigkeit beginnt, nicht mehr hochschalten.

So wurde Yvonne Frank Bundestrainerin. Sie wusste sofort, was sie sagen wollte: "Ab heute kein Training mehr, nur noch Whirlpool." Sie hat im Sitzungssaal des Holiday Inn dann aber eine fundierte Analyse der Strafecken vorgetragen. "Mädels", schloss Frank, "das üben wir morgen noch mal."

Drei Tage später beweist eine Spielerin beim 1:0 im abschließenden Vorrundenspiel gegen Spanien, dass sie das Verteidigen von Strafecken exzellent einstudiert haben. Frank verwandelt sich bei den ersten beiden spanischen Versuchen schon wieder, diesmal nicht in den Trainer, sondern einen Schlangenmenschen, sie legt ihren Unterkörper blitzschnell hin, um den unteren Teil des Tors zu versperren, und hält gleichzeitig den Oberkörper lange genug aufrecht, um den Ball mit der Hand abzuwehren. Europameisterinnen waren die Deutschen noch nie, und die Hoffnung, dass es diesmal passieren könnte, entsteht beim Blick ins eigene Tor. "Wir haben zwei Torhüterinnen", sagt Trainer Behrmann und schließt die Torfrau 1b, Kristina Reynolds ein.

Zu den Ersten, die Franks Talent entdeckten, noch ehe sie 2005 Deutschlands Nummer eins wurde, gehörte Fußball-Nationaltorwart Timo Hildebrand; oder besser gesagt - sein Management. Seit vor ein, zwei Jahren die damaligen Fußball- und Hockey-Bundestrainer Klinsmann und Peters kooperierten, gilt der übergreifende Austausch als der letzte Schrei. Die vier Nationaltorhüter Frank, Hildebrand, Handballer Carsten Lichtlein und Robert Müller vom Eishockey gehören zu den wenigen, die zusammenarbeiteten. Beziehungsweise sie haben es versucht.

Unter dem Gangnamen "Die Torblogger" tauschten sie sich auf einer eigenen Webseite über Trainingsmethoden aus, beantworteten sie die Fragen von großen und kleinen Amateurtorhütern. Aber dann stellte Frank fest, "ich bin hier ja die Einzige, die noch schreibt". Für das Aufwärmen hat sie von Handballer Lichtlein Sprungübungen gelernt, "ich bin immer nur stumpf gesprintet". Schöner mache das Torwartsein nicht, sagt sie, durch die Beinpolsterung "habe ich mir einen breiten Gang angewöhnt". Wobei das in der Arbeit nicht schaden kann, Yvonne Frank, 27, die in Köln beim deutschen Meister Rot-Weiss spielt, ist Kommissarin. RON

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