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AnalyseFrau verdient mehr

■ Kanada: 200.000 in Frauenberufen bekommen Milliarden-Nachzahlung

Diese Nachricht dürfte unterbezahlte deutsche Krankenschwesten, Kita-Erzieherinnen und Sekretärinnen hellhörig machen: In Kanada entschied ein Gericht, daß 200.000 Frauen, die in Bundesbehörden in sogenannten Frauenberufen arbeiten, Anspruch auf eine Gehaltsnachzahlung haben. Voraussetzung ist, daß sie schlechter bezahlt wurden als Kollegen, die in typischen Männerberufen arbeiten, deren Qualifikation aber vergleichbar ist. In der Gesamtsumme kommt auf die kanadische Bundesfinanzbehörde eine Entschädigungszahlung zwischen 1,3 und 2,35 Mrd. Dollar zu. Der Präsident des kanadischen Verbandes der Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes bezeichnete die Entscheidung als „historischen Sieg für die arbeitenden Frauen in Kanada“.

Das Besondere an dem Verfahren: Es geht nicht um die altbekannte Formel „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, sondern um die hierzulande noch wenig bekannte Forderung nach „gleichem Entgelt für gleichwertige Arbeit“. Gehaltsmäßig verglichen wird eine Krankenschwester dann nicht mit einem Krankenpfleger, der die gleiche Arbeit leistet, sondern mit einem öffentlich-bediensteten Mann, der die gleiche Ausbildungszeit absolviert hat wie sie, eine ähnlich große Verantwortung trägt, aber in einem typischerweise besser bezahlten Männerberuf tätig ist: zum Beispiel einem Elektromechaniker.

In Kanada arbeiten Frauengruppen und Gewerkschaften seit vielen Jahren gegen diese sogenannte Entgeltdiskriminierung in Frauenberufen an. Auf ihren Druck hin verabschiedete eine liberale Regierung in der kanadischen Provinz Ontario das weltweit fortschrittlichste Gesetz dieser Art. Es legt fest, daß gleichwertige Arbeit auch in gleicher Höhe bezahlt wird. Bis mittlere und größere Unternehmen sowie der öffentliche Dienst die frauenfreundlichen Entgeltstrukturen übernommen haben müssen, gelten Übergangsfristen von mehreren Jahren.

Auch im deutschen Recht ist die sogenannte Entgeltdiskriminierung verboten. 1980 wurde der Grundsatz in das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 612 BGB) übernommen. Doch erst Ende der 90er Jahre landeten die ersten entsprechenden Klagen von Frauen vor dem Bundesarbeitsgericht. Der letzte Fall: Eine Sozialpädagogin wollte sich das Gehalt eines Ingenieurs erstreiten. Im Dezember 1997 gab das Bundesarbeitsgericht der Sozialpädagogin zwar nicht recht, aber ließ erstmals erkennen, daß es dem Grundsatz „gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit“ große Bedeutung beimißt.

Was hierzulande noch fehlt ist eine Musterklage, bei der nach US-Vorbild Gewerkschaften, Frauenorganisationen und interessierte JuristInnen einen chancenreichen Fall in gezielter Strategie bis vor das höchste Arbeitsgericht bringen. Barbara Debus

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