piwik no script img

Frankreichs Präsident HollandeIn der Krise

Frankreichs Staatspräsident Hollande wollte eigentlich seine Wirtschaftsagenda 2014 vorstellen. Musste dann aber auch über seine Beziehung sprechen.

Hätte zu mancher Frage lieber geschwiegen: Francois Hollande bei seinem Auftritt vor der Presse. Bild: reuters

PARIS taz | Der französische Staatspräsident hatte seine Antwort auf unvermeidliche peinliche Fragen zu seinem Privatleben und namentlich seine Beziehung zur Schauspielerin Julie Gayet gut vorbereitet. „Was privat ist, wird im Privaten geregelt“, antwortete Francois Hollande bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend gleich dem ersten Journalisten, der eine Auskunft zu den Beziehungs-Enthüllungen im Klatschmagazin Closer gewünscht hatte.

Die hatte berichtet, dass Hollande seit einiger Zeit neben seiner offiziellen Beziehung zu Valérie Trierweiler auch häufiger Übernachtungsgast im Apartement der Schauspielerin war.

Hollande räumte dann auch ein, dass die Beziehung zu der Journalistin Trierweiler in der Krise sei und sie „eine schmerzliche Zeit“ durchmachten. Doch da sich auch über ein persönliches Interesse hinaus die Frage stellt, wer den französischen Staatschef bei anstehenden Auslandsbesuchen als „First Lady“ begleitet, versprach Hollande immerhin, er werde das vor dem Washington-Besuch bei Ehepaar Obama am 11. Februar klären.

Der Status der „Première Dame“ sei in Frankreich überdies keine Institution, sondern lediglich durch den Usus unter seinen Vorgängern definiert, so Hollande. Muss man daraus schließen, dass der Präsident in Zukunft als Single im Elysée wohnt und herrscht?

Frankreich weiß nämlich immer noch nicht, ob der (unverheiratete) Präsident noch mit Trierweiler zusammen ist, oder ob sich die beiden nach der Veröffentlichung der Beziehung mit der Schauspielerin Gayet bereits getrennt haben.

Trierweiler selber schweigt auch, sie hält sich seit dem Bekanntwerden der Affäre Hollandes „zur Erholung“ in einem Krankenhaus auf. Das erlaubt ihr zumindest, den unbequemen Fragen der Journalisten und den noch drängenderen Paparazzi-Fotografen aus dem Weg zu gehen.

Keine Klage

Auf Hollandes Pressekonferenz dagegen ließen die Journalisten nicht locker. So kündigte der Präsident an, er werde gegen Closer keine Klage einreichen, obwohl seine Empörung über deren Berichterstattung groß sei.

Als Präsident genieße er jedoch eine weitgehende Immunität, er verbiete es sich aus diesem Grund prinzipiell, im Gegenzug andere mit Strafverfahren zu attackieren. Den Schutz der Intimsphäre des Präsidenten wolle er schon gar nicht gesetzlich neu regeln, da er strikt gegen Gesetze sei, die unter dem Druck der Ereignisse und aus persönlichen Interessen erlassen würden.

Auf eine weitere Frage, die ebenfalls am Rande seine Treffen mit Gayet betraf, sagte Hollande schließlich, seine Sicherheit sei nie gefährdet gewesen oder gar vernachlässigt worden, auch wenn er privat mit weniger Leibwächtern unterwegs sei. Wer sich eine klare Antwort zur Affäre Gayet erhofft hatte, wurde auf ein anderes Mal vertröstet – oder muss sich weiter in der Klatschpresse informieren.

Mehr Wachstum, mehr Zuversicht

Trotzdem wurde der Auftritt vor rund 600 Journalisten durch diesen privaten Skandal überschattet. Eigentlich diente die seit langem geplante Medienkonferenz einem anderen Zweck. Hollande wollte seine neue Wirtschaftspolitik ausführlich erklären. Am Silvesterabend hatte er nämlich eine Kurskorrektur angekündigt, die in Frankreich bereits als „sozialliberale Wende“ verkauft wird: Weniger Staatsausgaben, weniger Steuern und Abgaben für die Unternehmen, weniger Arbeitslose, dafür mehr Wirtschaftswachstum und mehr Zuversicht, so lauteten die guten Vorsätze für 2014.

Der privaten Wirtschaft hat Hollande eine Art Win-Win-Pakt der Verantwortung angeboten, mit dem als Gegenleistung für die Beschäftigung die Abgabenlast der Arbeitgeber (namentlich bei den Beiträge an die Sozialversicherungen) sinken soll.

Hollande versprach einmal mehr, alles zu tun, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. In den ersten 18 Monaten seien bereits mehr Strukturreformen beschlossen worden als zuvor während mehrerer Jahren. Für die Jahre 2015 bis 2017 stellt der Präsident eine Verminderung der öffentlichen Ausgaben um 50 Milliarden Euro in Aussicht.

Zudem wünscht er sich eine verstärkte Partnerschaft mit Deutschland, nicht mit einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik und einer Steuerharmonisierung, sondern auch im Bereich der Verteidigung. Das alles führte Hollande aus, doch der Eindruck bleibt, dass alle etwas ganz anderes hören wollten – doch darüber möchte Hollande lieber nicht reden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • G
    Gastname

    Hollande ist der Goofy der französischen Politik, nur leider wohnt dieser im Elysee-Palast statt im Disneyland Paris.

     

    Frankreich steht vor einem Scherbenhaufen aus De-Industrialisierung, Arbeitslosigkeit und unkontrollierbarer Vorstädte.

     

    Sarkozy hat die Reformen nicht gestartet, Hollande die bestehenden Probleme sogar noch vorsätzlich verstärkt.

     

    Was Frankreich braucht, ist ein radikaler Reformschnitt hin zu einer Agenda 2020. Ob ausgerechnet der unbeliebteste Präsident seit Kriegsende hierfür die Autorität bei den Franzosen oder auch "nur" in seiner Partei hat, ist mehr als fraglich.

    Wenn er es denn überhaupt ehrlich meint - denn der Hinweis auf verstärkte Kooperation mit Deutschland unter Berufung auf den (neuen) deutschen Mindestlohn zeigt bereits die Grenzen des Reformwillens auf.

     

    Wenn Frankreich nicht zeitnah auf Evolution setzt, wird eine Revolution Marine LePen an der Spitze haben.

     

    Ich frage mich, ob die Sozialisten in Frankreich nicht wengstens diese Aussicht schockt.

  • G
    gerstenmeyer

    und wie haben ihn die roten hofiert-es war dort schon lächerlich-steinmeier,steinbrück,gabriel-willkommen in der realität ihr helden

  • Hollande ist unendlich pathetisch, wenn er nicht herumddruckst, und voll unternehmerfreundlich. Eindeutiges Zeichen, dass er nicht mehr weiter weiss. Und Zeit, dass ein anderer das Steuer übernimmt, Aber wer könnte das sein?

    Wieso haben die Franzosen diesen Präsidenten verdient?

  • M
    Matthias

    Von der TAZ hätte ich allerdings auch lieber mehr und Genaueres über wie „sozialliberale Wende“ gehört als über die Privatmunkeleien Hollandes.