■ Frankreich: Wahlniederlage für die Rechtsextremisten in Toulon: Fatale Tendenz, kleine Hoffnung
Jahrelang sind alle HerausfordererInnen der Front National gescheitert. Ganz egal, was die Rechtsextremen taten – ob sie rassistisch, gewerkschaftsfeindlich oder antirepublikanisch waren, ob sie Entlassungswellen auslösten, ob sie politische GegnerInnen verprügelten, ob sie rechtswirksam verurteilt wurden oder ob sie politisch gar nichts machten – wo immer sie einmal am Ruder waren, gelang es nicht, sie wieder loszuwerden. Die WählerInnen trugen die Rechtsextremen.
Gegen diese niederschmetternde Tendenz ist das Wahlergebnis von Toulon ein Zeichen, wenngleich ein winzigkleines. Erstmals ist den DemokratInnen ein Wahlsieg von nationaler Bedeutung auf einem scheinbar an die Rechtsextremen verlorenen Terrain gelungen. Damit ist nicht nur die vorher mit einem Abgeordneten vertretene Front National – vorerst zumindest – aus der französischen Nationalversammlung verschwunden. Es hat sich auch die Strategie einer breiten Allianz bewährt, die alle Kräfte von den Grünen über die KommunistInnen bis hin zu den SozialistInnen einschließt. Zur relativen Stärke dieser Strategie trug bei, daß die Linke mit Odette Casanova eine Kandidatin ins Rennen schickte, die keine schmutzige Vergangenheit hat und glaubwürdig die Affären der anderen kritisieren kann.
Trotzdem ist Toulon kein linker Wahlsieg. Denn den Ausschlag für das Ergebnis gaben nicht linke, sondern rechte WählerInnen. Entgegen traditionellen Tabus und obwohl ihre eigenen Parteien keinerlei Wahlempfehlung aussprachen, gaben sie nach dem Ausscheiden des konservativen Kandidaten ihre Stimmen einer Sozialistin, die mit einem kommunistischen Vize angetreten war. Den Ausschlag für diesen ungewohnten republikanische Reflex rechter WählerInnen gab nicht nur die seit drei Jahren im Toulonner Rathaus praktizierte Politik der Ausgrenzung, sondern auch die jüngsten regionalen Allianzen zwischen Konservativen und Rechtsextremen.
Toulon ist ein Hoffnungszeichen. Aber kein Anlaß für Triumphalismus. Dazu ist der linke Vorsprung von bloß 33 (sic!) Stimmen viel zu knapp. Und dazu ist vor allem die massive Wahlenthaltung ein zu deutliches Zeichen für das geschwundene Vertrauen der WählerInnen in die parlamentarische Demokratie. Der Vormarsch der französischen Rechtsextremen in die Institutionen ist nur punktuell gestoppt. Dorothea Hahn
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