piwik no script img

"Frankfurter Rundschau" spart weiterMehr als ausgelutscht

Schon wieder soll bei der angeschlagenen "Frankfurter Rundschau" gespart und sollen Stellen gekündigt werden. Schuld daran ist nicht nur der DuMont-Konzern, auch die SPD.

Die Stimmung in der ohnehin schon ausgelutschten Redaktion ist mies. Bild: dpa

Das Positive schon mal vorweg: Das Geschäftsjahr 2010 liegt bei der Frankfurter Rundschau (FR) anders als die beiden Vorjahre bislang im Plan. Schwarze Zahlen bedeutet das aber noch lange nicht. Doch 2012, wenn der derzeit gültige Sanierungstarifvertrag ausläuft, will das Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main wenigstens bei der schwarzen Null angekommen sein. Deshalb wird derzeit mal wieder über das verhandelt, was sie bei der FR seit Jahren nur zu gut kennen - über Personalabbau.

Konkrete Summen liegen nach der ersten Gesprächsrunde von Geschäftsführung und Betriebsrat am vergangenen Donnerstag noch nicht auf dem Tisch. Die im Spiegel verkündeten 30 bis 50 Stellen, die in der Redaktion dran glauben sollen, dürften allerdings zu hoch gegriffen sein. Schließlich hat das Blatt nur noch rund 115 Redaktionsstellen. Wichtiger sei bei der neuerlichen Sparrunde ohnehin "die Summe, die hinten rauskommt, nicht so sehr die Personenzahl", heißt es bei der Gewerkschaft Ver.di. Zwar schließt der Sanierungstarifvertrag, nach dem die FR-Belegschaft weitgehend auf Urlaubs-, Weihnachtsgeld und andere Zulagen verzichtet, betriebsbedingte Kündigungen aus, doch den könnte die Geschäftsführung unter Verweis auf die aktuelle Geschäftslage auch kündigen. Allerdings kann mit Zustimmung des Betriebsrats auch bei laufendem Tarifvertrag Personal abgebaut werden. Genau das soll nun offenbar erst einmal geschehen.

Weil sich 2010 nicht ganz so fatal entwickelt wie 2008 und 2009 - 2008 machte die FR 16,8 Millionen Euro Verlust, die noch nicht veröffentlichten Zahlen für 2009 dürften noch darüber liegen - ist neben Altersteilzeitmodellen auch eine neue Abfindungsrunde im Gespräch. "Wir versuchen sozialverträgliche Regelungen zu finden", sagt Manfred Moos von Ver.di. Allerdings: Frühere Angebote dieser Art hatten nicht unbedingt den gewünschten Effekt: "Da sind nicht die gegangen, von denen man sich das erhofft hat", heißt es beim Deutschen Journalistenverband (DJV).

Die Stimmung in der ohnehin schon ausgelutschten Redaktion ist mies. Zumal der Verdacht, hier machten sich erste Folgen der im April gestarteten "Redaktionsgemeinschaft" bemerkbar, nicht von der Hand zu weisen ist: Die FR gehört wie die Berliner Zeitung zum Kölner Medienhaus DuMont-Schauberg, die aus RedakteurInnen beider Blätter bestückte "ReGe" liefert seit dem Frühjahr einen Großteil der überregionalen Berichterstattung beider Blätter und bedient auch noch die DuMont-Titel Kölner Stadtanzeiger und Mitteldeutsche Zeitung (Halle/Saale).

Dass es langfristig den überregionalen Restredaktionen in Berlin wie Frankfurt an den Kragen gehen wird, ist ein offenes Geheimnis. Die Eigenständigkeit der Blätter stehe aber nicht auf dem Spiel: Die FR werde keinesfalls zum reinen Regionalblatt heruntergestuft, versicherte die FR-Geschäftsführung laut Teilnehmern in den jüngsten Gesprächen.

Trotzdem hat Frankfurt gegenüber Berlin schlechtere Karten: Die Berliner Zeitung schreibt fast überall bessere Zahlen. Bei der FR geht dagegen auch die Auflage weiter zurück - im zweiten Quartal 2010 verkaufte sich die FR noch exakt 136.714-mal am Tag - rund 15.000-mal weniger als im Vorjahresvergleich. Bei den aussagekräftigeren Zahlen für Abonnements und Einzelverkauf liegt die FR mittlerweile knapp unterhalb der 100.000-Exemplare-Grenze.

Der neue Spardruck kann dabei wohl nicht den Kölnern allein in die Schuhe geschoben werden: DuMont gehört zwar die Mehrheit an der FR, doch mit 40 Anteilsprozenten ist auch die SPD-eigene Presseholding DDVG mit an Bord. Und die hatte just vergangene Woche an ihre Titel appelliert, die "Personalkosten in Verlagen strukturell auf den Prüfstand zu stellen". Die eigentlichen Scharfmacher, heißt es in Frankfurt, säßen dieses Mal bei der DDVG.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • DT
    dot tilde dot

    die zeitung in meiner stadt ist zum lesen völlig ungeeignet. wenn das mit der fr so weitergeht, weiß ich wirklich nicht mehr, was ich abonnieren soll.

     

    klar, taz, werdet ihr sagen. logisch.

    aber euch kaufe ich lieber unregelmäßig am kiosk, das passt mir auch gut in den kram.

     

    schade. die erste runde und die umgestaltung haben wohl nicht gereicht.

     

    .~.

  • S
    schreiber

    wäre schade um die FR – gute Zeitung.

  • CB
    Claus Berger

    Ist ja nett vom alles enthüllenden Nachrichtenmagazin aus Hamburg mal so eben blind mit Zahlen der zu entlassenden um sich zu werfen. Die sollten sich mal lieber an die eigene Nase fassen und den Leuten im eigenen Haus klipp und klar sagen wer ab 2012 alles gehen muss. Da läuft der Mietvertrag der beliner Spiegel-Luxusimmobilie am Brandenburger Tor aus und "den verbleibenden Redakteuren werden in Fußwegweite neue Büros" versprochen. Wer denn die dann verbliebenden Redakteure sein sollen wurde den MitarbeiterInnen allerdings nicht mitgeteilt. Da sind die Nachrichten dann eher spärlich.

  • S
    schreiber

    wäre schade um die frankfurter - gute zeitung

  • K
    Kreuzberger

    Es ist jammerschade. Ich bin mit der FR groß geworden, der SZ geht es auch mies, keine Ahnung wie es meiner taz geht, deren Genossenschafter ich bin.

    Vermutlich sind auch Guardian, Le Monde, Libération, NYTimes u.a. nicht für die Ewigkeit gemacht.

    Es fällt mir schwer, mir ein Leben, einen Morgen, ein Frühstück eine überregionale Qualitätszeitung vorzustellen.

    In diesem Sinne wünsche ich der FR viel Glück. Persönlich könnte ich auch gut mit einer Kooperation FR/SZ bzw. FR/TAZ leben. Aber mich fragt ja keiner...