Fragwürdiges Vorzeigeprojekt: Das IWT-Geld ist weg
Unter anderem wegen Betrugs und Steuerhinterziehung flog vor drei Jahren der Beschäftigungsträger IWT auf. Konsequenzen hat der Senat bis heute nicht gezogen.
BREMEN taz | Welche Konsequenzen hat der Bremer Senat eigentlich aus den Vorfällen vor drei Jahren beim Beschäftigungsträger „Interkulturelle Werkstatt Tenever“ (IWT) gezogen? Das wollte jetzt die CDU wissen und stellte eine förmliche Anfrage. Die Antwort, die der taz vorliegt, ist ernüchternd.
Im Herbst 2009 war durch anonyme Hinweise ein politisch erwünschtes, soziales und integratives Vorzeigeprojekt aufgeflogen: Der Verein Interkulturelle Werkstatt Tenever, der rund 50 arbeitslose MitarbeiterInnen unterschiedlicher Herkunft beschäftigte und Beratung, praktische Hilfen sowie die Organisation des kulturellen Austauschs in Tenever anbot, hatte offenbar über Jahre öffentliche Gelder veruntreut, für einzelne Projekte doppelt Fördergelder kassiert, Ausgaben nicht nachgewiesen und Steuern hinterzogen. Als die Behörde die Bücher kontrollieren wollte, stellte sie fest, dass von einer geregelten Buchhaltung keine Rede sein konnte. Der IWT waren pro Jahr etwa 1,5 Millionen Euro für ihre Projekte anvertraut worden – offenbar ohne Kontrolle.
Konsequenzen hat die Aufdeckung des Skandals auch gut drei Jahre danach nicht, das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf die Anfrage der CDU. Die Kripo ermittelt aufgrund von Strafanzeigen gegen diverse Beteiligte – aber obwohl alle nötigen Unterlagen vorliegen, hat es bisher kein vorzeigbares Ergebnis gegeben. Warum? Ehemalige Angestellte des IWT, die noch immer Lohnansprüche haben, wundern sich jedenfalls, warum sie bis auf wenige Ausnahmen nicht vernommen wurden.
Wer überhaupt zur Kripo geladen war, traf dort auf Ermittler ohne besondere Vorkenntnisse in dem Fall, die nur allgemeine Fragen stellten konnten. Das ist Monate her und hat offenbar zu keinen Ergebnissen geführt.
Unabhängig von den laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen haben die geldgebenden Institutionen Rückforderungen gestellt. Die damalige „bremer arbeit GmbH“, inzwischen aufgelöst und als „Referat“ beim Senator für Arbeit angesiedelt, war zuständig für das Programm „Bremen Produktiv und Integrativ“ und hat über 20.000 Euro zurückgefordert. Der Bausenator, zuständig für das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“, hat 143.000 Euro zurückgefordert. Und der tatsächlich entstandene Schaden für die öffentliche Hand „ist noch nicht bezifferbar“, heißt es in der Antwort des Senats. Und die bezifferten Summen? „Es wurden noch keine Mittel erstattet“, teilt der Senat der CDU mit. Das Geld ist weg, der Verein hat sich aufgelöst, ein Insolvenzverfahren wurde mangels Masse abgewiesen.
Würden heute wenigstens Doppelförderungen für ein Projekt auffallen, fragt die CDU. Die Antwort des Senats ist lang und undurchsichtig. In Zukunft jedenfalls sollen durch eine zentrale Zuwendungsdatenbank „etwaige Doppelförderungen noch systematischer als bisher erkannt“ werden. Gleichzeitig sollen Förder-Angeboten die „Zielbeschreibungen widerspruchsfrei und konsistent dargelegt“ werden. Für die Kontrolle wurden immerhin „schriftliche Vorgaben für vorher noch nicht eindeutig geregelte Verfahren“ gemacht, in denen „Fristen und erforderliche Einbindungen von Vorgesetzten bei Entscheidungsprozessen“ formuliert wurden.
Eindeutig war auch damals allerdings geregelt, dass nur gemeinnützigen Vereinen die Betreuung von 1-Euro-Jobbern übertragen werden darf. Zumindest die Befreiung von Körperschaftssteuer konnte die IWT in ihren letzten Jahren nicht mehr vorlegen, war also nicht gemeinnützig. Auch so etwas wurde nicht überprüft.
Klar ist: Die Empfänger von Fördergeldern wie jene, die die IWT veruntreut hat, müssen nach wie vor nur Stichprobenkontrollen befürchten. In den langen Jahren ihrer Existenz hat keine der geldgebenden Behörden und Institutionen den Eindruck, dass eine „Stichprobenkontrolle“ bei der IWT angebracht gewesen wäre.
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