Fragwürdiger Bundestagskandidat: AfD Diepholz nominiert Reichsbürger-Sympathisanten
Mit der Aufstellung von Andreas Iloff konterkariert der Kreisverband die Strategie der Bundespartei. Die rät von besonders kontroversen Kandidaten ab.
D er AfD-Kreisverband Diepholz hat einen Hufschmied, der den Reichsbürgern nahesteht, zu seinem Direktkandidaten für den Bundestag nominiert. Andreas Iloff ist zwar schon AfD-Vorsitzender in Diepholz und hat ein paar Jahre für einen AfD-Bundestagsabgeordneten gearbeitet. Doch mit seiner einstimmigen Nominierung zum Bundestagskandidaten positioniert sich der Kreisverband noch einmal deutlich rechts und konterkariert die Strategie des AfD-Bundesverbandes, auf besonders kontroverse Kandidaten zu verzichten.
In einem Entwurf für ein Strategiepapier zum Bundestagswahlkampf 2025 empfiehlt der AfD-Bundesvorstand, dass bei der Personalauswahl darauf geachtet werden soll, dem politischen Gegner und „nicht alternativen“ Medien „keine unnötigen Angriffsflächen für Skandale“ zu bieten. Denn im Vorfeld seien auch „Lügen und unsaubere Praktiken“ von den Gegner*innen zu erwarten, heißt es in dem Entwurf, der der taz vorliegt.
Der 58-jährige Iloff bietet reichlich Angriffsfläche. Dem niedersächsischen Verfassungsschutz ist er seit Ende der 1990er-Jahre bekannt. Lang schon war er im vorparlamentarischen Raum aktiv. „Adrich“ genannt, gab er sich als Gemeinschaftssprecher des Deutschen Bundes aus, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Deutsche Reich wiedererstehen zu lassen.
2014 verschickte Adrich Einladungen zu einem Treffen des Bundes. Iloff, der sich auch „Aue-Schmied“ nennt, war darauf in Schmiede-Kluft zu sehen. „Mit großer Freude“ lädt er am „18. Gilbhard 2014“ zur Bundesversammlung ein. Es wird darum gebeten, zu dem Treffen im „weißen Oberhemd/Bundesbinder, Tracht- und Zunftkleidung“ zu erscheinen.
Dazu die Ansage: „Telefone und Kameras verbleiben im Auto“. Offenbar eine Sicherheitsmaßnahme, um keine Interna an die Öffentlichkeit dringen zu lassen.
Der Bund will sich von „der Masse, der Gleichheit“ abgrenzen und als „Keimzelle unseres Wiedererblühens“ agieren. Nach Erkenntnissen des Bayerischen Verfassungsschutzes wurde er am 22. Mai 1993 maßgeblich von Mitgliedern der rechtsextremen Deutschen Liga für Volk und Heimat im bayerischen Bodenkirchen gegründet. 1997 warb er in der extrem rechten Zeitschrift Nation Europa und 1999 in der neu-rechten Jungen Freiheit um neue Mitglieder.
Das bayerische Landesamt erwähnte den Bund zuletzt 1999: In dessen Mitgliederzeitung Burgpost würden „die Bundesrepublik Deutschland und ihre Vertreter verunglimpft, das NS-Regime verherrlicht, NS-Verbrechen relativiert und rassistisches Gedankengut vertreten“.
In einem „Manifest der Deutschen“ forderten die Mitglieder, „unsere Identität als Volk“ zu bewahren, „eine gerechte Beurteilung unserer Väter- und Großvätergeneration“ und eine „Verfassung, die von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen“ werden solle. Diese Positionen legen nahe, den Bund der Reichsideologie-Bewegung zuzuordnen.
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