piwik no script img

Die taz-PolitikberatungFragen Sie Dr. Semler!

Schreiben Sie Ihre Fragen an: die tageszeitung, Stichwort: „Doktor Semler“ Kochstraße 18; 10969 Berlin Oder mailen Sie: doktor-semler@taz.de

Rot-Grün zu kritisieren, ist recht und billig. Aber vergisst man nicht schnell, dass die Opposition Vorlagen der Regierung abgeschmettert oder wesentlich verwässert hat? Ich erinnere an das Zuwanderungsgesetz, an die Homoehe, an die Vorlage zum Volksentscheid. War da noch was? BERND LIEFKE

Dr. Semler: Die CDU-Mehrheit im Bundesrat hat eine Reihe wichtiger Vorhaben blockiert, obwohl, wie beim Zuwanderungsgesetz, Rot-Grün vorher Zugeständnisse bis zum Rand des Erträglichen gemacht hatte. Mir scheint, dass Schröder mehrfach nach einem falschen Konsensprinzip handelte, auch dort, wo er eine gesellschaftliche Mehrheit hinter sich gehabt hätte, zum Beispiel beim Ausstieg aus der Atomenergie. Um Lenin zu zitieren: Es gibt Kompromisse und Kompromisse …

Was würde passieren, wenn eine Partei nicht über die Fünfprozenthürde kommt und auch nur ein oder zwei Direktmandate erringt? Kommen diese direkt Gewählten in den Bundestag ohne Fraktionsstatus? STEFAN SCHÜLLER

Dr. Semler: Genau so ist es.

Frage: Welche Vorstrafen braucht Mann/Frau, um PolitikerIn werden zu dürfen? KAI LILIE

Dr. Semler: Gegenfrage: Welche Gesetzesverletzungen von der Kindesmisshandlung bis zur Fahrerflucht gelten in unserer Gesellschaft als Kavaliersdelikte? Dies vorausgesetzt, sieht es allerdings manchmal so aus, als ob Delikte wie Steuerhinterziehung eher Qualifikationsmerkmale denn Karrierehindernisse darstellen.

Im Geschichtsunterricht habe ich mal gehört, der Bayrische Landtag habe das Grundgesetz formal nie anerkannt. Wenn nein – darf dann ein Bayer Bundeskanzler werden?

FRIEDEMANN SCHORER

Dr. Semler: Er darf. Zwar stimmten die CSU-Abgeordneten im Parlamentarischen Rat, der die Verfassung ausgearbeitet hatte, geschlossen gegen das Grundgesetz, weil dem Bund ihrer Meinung nach zu viele Kompetenzen eingeräumt worden waren. Dennoch trat das Grundgesetz auch für Bayern in Kraft. Zeitweilig, etwa bei bayrischen Vorstößen zur Neugestaltung der Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern, könnte man allerdings den gegenteiligen Eindruck gewinnen.

Warum steht die CDU an erster Stelle auf dem Wahlzettel? Wieso nicht die stärkste Partei der letzten Wahl? Wieso nicht alphabetisch? Soll das die Stimmabgabe für die Konservativen erleichtern?

MICHAEL KOHLER

Dr. Semler: Die Reihenfolge der Parteien auf dem Stimmzettel richtet sich nach dem Anteil an Zweitstimmen, die die jeweilige Landesliste einer Partei erhalten hat. Deshalb differieren die Plätze der Parteien auf den Stimmzetteln in den einzelnen Bundesländern. In Berlin zum Beispiel steht die PDS auf Platz 3, in Bayern im Keller. Alphabetische Nennung wäre eine Alternative, die allerdings die CDU begünstigen würde. Weshalb die Grünen dann gut beraten wären, an Bündnis 90/Die Grünen festzuhalten.

Ich würde gern Ströbele wählen, wohne aber in Neukölln. Kann ich mir einen Wahlschein geben lassen und in Kreuzberg wählen? Was passiert, wenn ich einfach nur mit Wahlschein aufkreuze?

ANJETTA CHRISTNER

Dr. Semler: Im Wahllokal wird der Wahlschein mit dem jeweiligen Wählerverzeichnis abgeglichen. Sie werden also in ihren Bezirk zurückgeschickt. Es bleibt nur Schnellumzug.

Wer war Wahldoktor Semler?

Er ist keine Redaktionserfindung, sondern existiert tatsächlich. Genauso wie ausnahmslos alle Leser, die Fragen gestellt hatten, wofür er sich abschließend herzlich bedankt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen