Forstministerium kappt Naturschutz: Indonesien rodet geschützte Wälder
In der nordwestlichsten Provinz Indonesiens sollen neue Bergwerke und Palmölplantagen entstehen. Auch in einem Nationalpark, in dem Tiger und Orang-Utans leben.

Stark vom Aussterben bedroht: ein Sumatra-Nashorn im Leuser-Nationalpark auf Sumatra. Bild: dpa
JAKARTA taz | Der für das Klima und den Artenschutz global wichtige Wald Indonensiens wird weiter vor allem in Sonntagsreden geschützt. Die kann man ja auch montags halten, heute zum Beispiel. Da findet in Acehs Provinzhauptstadt Banda Aceh die Jahreskonferenz der Gesellschaft für Tropenbiologie und -erhaltung (ATBC) statt. Das Thema der Konferenz lautet: „Biodiversitätsforschung mit politischen Vorgaben und Naturschutz-Praxis verbinden“.
In der Praxis scheint sich in Aceh jedoch der Naturschutz derzeit politischen Vorgaben unterzuordnen. Lokalen Medienberichten zufolge hat Indonesiens Forstministerium eine neue Raumplanung von Acehs Provinzregierung zu „beinahe 100 Prozent“ akzeptiert.
Das bedeutet, dass nicht einmal mehr die Hälfte der Waldflächen in der Provinz geschützt wären. Vorher waren es 68 Prozent. Bis zu 1,2 Millionen Hektar Wald sollen für Konzessionen vor allem an Bergbauunternehmen, aber auch Holzfirmen und Palmölplantagen freigegeben werden – das ist eine Fläche, so groß wie zwei Drittel des Bundeslandes Sachsen.
Indonesien ist nach China und den USA der drittgrößte Emittent von Kohlendioxid der Welt. Verantwortlich dafür ist vor allem die Entwaldung – mindestens eine Million Hektar Wald verschwinden pro Jahr. Umweltschützer befürchten, dass ab Mai der Kahlschlag noch schneller vorangetrieben wird. Dann läuft ein Waldschutzmoratorium aus, mit dem sich Indonesien zwei Jahre zuvor verpflichtet hatte, auf einer Fläche von insgesamt 90 Millionen Hektar Wald- und Torfmoorflächen keine Konzessionen zu vergeben. Im Gegenzug hatte Norwegen Indonesien im Rahmen einer bilateralen Klimaschutzvereinbarung eine Milliarde Dollar zugesagt.
NGOs und Gemeinden ausgeschlossen
„Die geplanten Änderungen haben weder die Akzeptanz der Gemeinden vor Ort noch die von Umweltschutzorganisationen, kritisiert Efendi, Sprecher der „Koalition zum Schutz von Acehs Wäldern“, einem Zusammenschluss aus Umweltschutzgruppen und Vertretern der betroffenen Gemeinden (KPHA). Efendi bezeichnet den Planungsprozess der Behörden als intransparent: „Gemeinden und Nichtregierungsorganisationen wurden komplett ausgeschlossen. Eine Onlinepetition zum Schutz von Acehs Regenwäldern verzeichnete binnen drei Tagen mehr als 9.000 Unterschriften.
Der Kartograf Graham Usher, der vor Ort für die Schweizer Umweltstiftung PanEco arbeitet, warnt vor den Folgen des Kahlschlags. Unter den nun freigegebenen Gebieten seien Areale, die zuvor als zu hoch liegend oder zu abschüssig für Abholzung bezeichnet worden waren. Zusätzlich sorgten die Bodenbeschaffenheit und hohes Regenaufkommen für große Gefahren, so Usher. „Diese Wälder zu öffnen ist extrem gefährlich“, sagt Usher und prophezeit Erdrutsche und Überschwemmungen in der Region.
Die Pläne von Acehs Behörden sehen nach Angaben von Umweltschützern auch vor, den Tripa-Regenwald der Abholzung zu opfern. Tripa ist Teil des Leuser-Ökosystems, ein Nationalpark, der Heimat weltweit bedrohter Arten ist, wie Tiger, Sumatra-Nashorn, Elefanten und Orang-Utans.
Rechtswidrige Konzession
Im vergangenen Jahr hatte eine Koalition von Umweltschützern erfolgreich gegen im Tripa-Regenwald operierende Palmölfirmen mobilgemacht. Die Richter hatten damals entschieden, dass die Vergabe einer 1.600-Hektar-Konzession für eine Palmölplantage innerhalb des geschützten Tripa-Regenwaldes rechtswidrig war.
Nun steht der Schutz für den kompletten Wald auf dem Spiel. „Es ist vorgesehen, dass Tripa seinen Schutzstatus verliert, und mehr als das. Die neue Raumplanung erwähnt die Existenz des weltberühmten Leuser-Schutzgebiets nicht einmal“, kritisiert Ian Singleton vom Sumatra Orang Utan Conservation Program (SOCP). „Es ist eine Ironie, dass seit Jahrzehnten Zigmillionen Dollar von Geberländern in den Schutz von Acehs Wäldern fließen und dass Acehs Regierung diese Wälder nun fällt für Bergwerke, Holzfirmen und Palmölproduzenten.“
Leser*innenkommentare
Almut
Gast
Jetzt gibt es doch eine Möglichkeit, etwas zu machen und nicht nur auf Greenpeace u.ä. zu hoffen (@ nevil) : http://www.avaaz.org/de/the_plan_to_kill_orangutans_loc/?bGHnpeb&v=24861
Viele kleine Leute...
noevil
Gast
Machen wir uns eigentlich klar, in welchen Gebrauchsartikeln und Lebensmitteln des täglichen Bedarfs Palmöl enthalten ist?
Die Liste ist mittlerweils so lang, dass uns ein Boykott fast unmöglich erscheint. Es stellt sich die Frage, an welcher anderen Stelle sich Möglichkeiten für ein Eingreifen bieten würden.
Der reine Bericht bietet noch nichts, ausser die Tatsache zur Kenntnis zu nehmen und auf WWF oder Greenpeace u.ä. zu hoffen.
gustav
Gast
Wenn nicht bald weltweit ein Tourismusfonds
aufgebaut wird, der die größten Naturschutzgebiete
Zooimperien umdefiniert mit klaren Privatrechtsansprüchen und damit die Wälder
den korrupten Politikern als Verfügungsmasse
entzogen werden, sehe ich schwarz.
Gründet endlich mehrere Fonds zum Bau von Zooimperien
im Vereins-und Privatbesitz mit
ausdrücklichen Raubbauverbot und Bergrechtsverbot!!
Dann sorgt für Tourismus, Landwirtschaft, Verpflegung,
sauberes Trinkwasser und bewaffnete Ranger!
Gebt Arbeit und sichert wirtschaftlichen
Einfluss! Nur das wird helfen den Scharlatanen
der Welt beizukommen, die Armut schüren und
Menschen dazu bringen ihre Umwelt zu vernichten!
Hamsterrad
Gast
Jedes Jahr das gleiche Schauspiel welches alle angrenzenden Länder vollqualmt. Was in Europa der Wüstensand, ist in Südostasien der Rauch durch abgebrannte Wälder.
Deutschland benötigt 1/5 aller weltweit abgeholzten Bäume für seine Papierproduktion. Wer schreibt der bleibt, kann man nur hoffen das kein anderes Land solche papierendes Unwesen übernimmt. Die Medien/Werbung/Politiker verschlingen steuerfinanziert eine ganze menge Papier.
Der neoliberale Kapitalismus versagt auf allen primären und sekundären Ebenen.
Das gerade rund um dem Äquator keine alternative Energien genutzt werden ist scheußlich.
Indische Bauer müssen zum Wohle der Aktionäre einen Mikrokredit für Terminator-Saatgut, Pestizide aufnehmen, afghanische Bauern, scheinbar alle landwirtschaftlichen Betriebe, weltweit.
Thailand scheint momentan komplett zu verbrennen. Da versagt die gesamte Außenpolitik, vor allem die der Friedrich Naumann Stiftung. Lieber Waffen für die Königshäuser als anderes.
Bitte nicht erschrecken, hier können Echtzeitdaten und historische Daten der globalen Brände abgerufen werden.
http://firms.modaps.eosdis.nasa.gov/firemap/
http://earthdata.nasa.gov/data/near-real-time-data/firms
Julian
Gast
Ich könnte schreien vor Wut, wenn ich sowas sehe/lese.
Ganze Ökosysteme werden für den kurzfristigen Maximalnutzen weniger Menschen für immer zerstört.
DAS ist wirklich pervers. Denn das wird der Menschheit(Tieren&Pflanzen - für die Romantiker (-:) als ganzes angetan, unwiederbringlich zerstört. Die Folgen werden alle Menschen in den nächsten Generationen treffen.
Für was? Noch mehr billiges Speiseöl?
Ich bin ein sehr, sehr friedlicher Mensch und finde Kriege um irgendwelche Gebiets-/Ideologie- und Herrschaftsansprüche denkbar lächerlich, höchst bizarr; bei der Masse an Menschen, diesem hohen Siedlungsdruck.
Aber bei dieser Zerstörungswut an den letzten größeren Ökosystemen - könnte ich mich vergessen.....
Ein echter Lösungsansatz könnte sein:
Sanktionen!
Auch und besonders der Steueroasen - hallo Finanzkrise....
Unrealistisch, ich weis. Nicht, weil sie unwirksam wären, denn da geht es um Geld, viel Geld und nur Geld. Für sehr wenige.
Konsequente Sanktionen auf UN-Ebene würden das wahrscheinlich stark eingrenzen. Möglicherweise stoppen.
Anders als die immer selben Scheinaktionen auf Goodwill-Ebene.
Sich im Blitzlichtgewitter angrinsende Politiker im Wachkoma - die Muppetshow, Appelle an den mündigen Verbraucher und Selbstverpflichtungen...... LOL
Die, die das monetär ausnutzen, lachen höchstens über diese
absichtliche? Naivität.
Julian
Gast
Ich könnte schreien vor Wut, wenn ich sowas sehe/lese.
Ganze Ökosysteme werden für den kurzfristigen Maximalnutzen weniger Menschen für immer zerstört.
DAS ist wirklich pervers. Denn das wird der Menschheit(Tieren&Pflanzen - für die Romantiker (-:) als ganzes angetan, unwiederbringlich zerstört. Die Folgen werden alle Menschen in den nächsten Generationen treffen.
Für was? Noch mehr billiges Speiseöl?
Ich bin ein sehr, sehr friedlicher Mensch und finde Kriege um irgendwelche Gebiets-/Ideologie- und Herrschaftsansprüche denkbar lächerlich, höchst bizarr; bei der Masse an Menschen, diesem hohen Siedlungsdruck.
Aber bei dieser Zerstörungswut an den letzten größeren Ökosystemen - könnte ich mich vergessen.....
Ein echter Lösungsansatz könnte sein:
Sanktionen!
Auch und besonders der Steueroasen - hallo Finazkrise....
Unrealistisch, ich weis. Nicht, weil sie unwirksam wären, denn da geht es um Geld, viel Geld und nur Geld. Für sehr wenige.
Konsequente Sanktionen auf UN-Ebene würden das wahrscheinlich stark eingrenzen. Möglicherweise stoppen.
Anders als die immer selben Scheinaktionen auf Goodwill-Ebene.
Sich im Blitzlichtgewitter angrinsende Politiker im Wachkoma - die Muppetshow, Appelle an den mündigen Verbraucher und Selbstverpflichtungen...... LOL
Die, die das monetär ausnutzen, lachen höchstens über diese
absichtliche? Naivität.
Kettensäge
Gast
"Der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland liegt mit leicht abnehmender Tendenz derzeit bei etwa 100 Hektar pro Tag. Das heißt: Jede Sekunde zwölf Quadratmeter, jeden Tag 100 Fußballplätze, jedes Jahr ein Gebiet so groß wie zwei Drittel der Fläche des Bodensees: Das ist die Fläche, die in Deutschland zugebaut, betoniert oder geteert wird."
http://www.bund-bawue.de/themen_projekte/flaechenschutz/
Hauptsache wir retten die Wälder in Indonesien und am Amazonas.
Deutschlands Wälder verreckt momentan und die Biofraktion sitzt vor dem TV und der Zeitung und vergiesst Krokodilstränen.
Natur ist überall zu retten, nur nicht in Deutschland, das lerne ich hier jeden Tag.
Bravo
Jörg Dürre
Gast
Mich interessieren die absoluten Zahlen.
Welche Fläche soll für den Bergbau angegriffen werden und was wird dort abgebaut?
Die Fläche für Holzeinschlag dürfte recht sicher höher sein als die für Palmöl, da erst die leicht zu verkaufenden Bäume gefällt werden und nicht jede Fläche für Palmen geeignet ist.
Indonesien produziert ca. 28 Mio Tonnen Palmöl pro Jahr, d.h. dafür wurden vermutlich knapp 10 Mio Hektar Land bereits in unsere Billigmöbel und dann als Plantage endverwertet.