Forschungs-Sponsoring: Rauchen fördert die Gesundheit
Lungenkrebsforscher können sich weiterhin von der Tabakindustrie sponsern lassen. So wollen es Wissenschaftspolitiker von SPD und Linkspartei - anders als ihre Kollegen im Gesundheitsausschuss.
Tabak- und Alkoholkonzerne sollen nach dem Willen der Wissenschaftspolitiker von SPD und Linkspartei weiterhin die Gesundheitsforschung mitfinanzieren dürfen. Eine entsprechende Vorlage beschloss der Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses am Mittwoch. Eine "ethische Selbstverpflichtung" der Kliniken und Forschungseinrichtungen soll ausschließen, dass die Konzerne Einfluss auf die Ergebnisse nehmen.
Die Abgeordneten stellen sich damit gegen ihre Parteikollegen aus dem Gesundheitsausschuss. Die hatten im Januar dafür votiert, dass Alkohol- und Tabakkonzerne keine Sponsoren für Gesundheitsforschung sein sollen (taz berichtete). Dieser Beschluss würde allerdings "das falsche Signal senden", befand der SPD-Wissenschaftspolitiker Lars Oberg. Man wolle "nicht den Eindruck erwecken, dass wir Drittmittel und Forschungsförderung in Berlin nicht wollen. Wir wollen das."
Statt negativ formulierter Verbote solle es besser positiv formulierte Kriterien geben, um einen Einfluss auf die Forschung zu verhindern, so Oberg. So sollten die Gelder nur "auf Grundlage unabhängiger wissenschaftlicher Begutachtung" fließen, die "unabhängige Durchführung des Forschungsvorhabens" müsse sichergestellt sein und die Förderung dürfe "nicht an Bedingungen geknüpft" sein. Die Überwachung dieser Vorgaben soll den Forschungseinrichtungen selbst überlassen bleiben.
Im vergangenen Jahr war herausgekommen, dass der Leiter der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin in den Jahren 2003 bis 2005 insgesamt 937.000 Euro von der Philip-Morris-Stiftung angenommen hatte. Im Gegenzug beschäftigte sich Eckart Fleck mit der Frage, wie Schäden am Herz-Kreislauf-System entstehen. In einer internen Notiz von Philip Morris von einem Gespräch mit Fleck hieß es: Ihm sei bewusst gewesen, dass ein "fairer Interessenausgleich" die Voraussetzung für die Zusammenarbeit sei. Der Konzern erwarte von der Förderung einen "positiven Effekt in Bezug auf das öffentliche Ansehen der Zigarettenindustrie". Im Oktober 2008 hatte das Herzzentrum nach längerer öffentlicher Debatte eingeräumt, es sehe die Annahme der Gelder als Fehler. Man wolle in Zukunft keinen Euro von der Tabakindustrie mehr annehmen.
Die Gesundheitspolitiker der Koalition wollten auch anderen Forschungseinrichtungen, etwa der Charité, eine entsprechende Selbstverpflichtung empfehlen. Daher hatten SPD und Linkspartei im Gesundheitsausschuss einem entsprechenden Antrag der Grünen zugestimmt. Diese kritisieren jetzt die "Rolle rückwärts", wie die Grünen-Gesundheitspolitikerin Heidi Kosche das nennt: "Die Tabakindustrie kann kein Partner für die Gesundheitsforschung oder für das Gesundheitswesen sein." Die CDU hingegen stimmte im Wissenschaftsausschuss mit SPD und Linken.
Die endgültige Entscheidung wird im Parlament fallen. "Da der Wissenschaftsausschuss hier federführend ist, kommt dessen Beschlussempfehlung auch ins Abgeordnetenhaus", sagt Claudia Stäuble, Sprecherin der SPD-Fraktion. Heidi Kosche erklärt: "Wir Grünen werden versuchen, über einen Änderungsantrag doch wieder die ursprüngliche Version des Beschlusses durchzusetzen."
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