Forscher über „Klimanotstand“: Am Point of No Return
Forscher warnen: Das Klima ist sensibler als gedacht. „Kipppunkte“ im Erdsystem sind im Eis und am Amazonas möglicherweise schon erreicht.
Die Experten schlagen deutlich Alarm, wenn es um Prozesse geht, bei denen ein bislang stabiles System in einen anderen zustand „kippen“ kann – also wenn aus einem Regenwald etwa eine Savanne wird. „Die Beweislage verdichtet sich, dass diese Ereignisse wahrscheinlicher sein könnten als gedacht“, schreiben die sieben Experten in einem Kommentar in der Fachzeitschrift „Nature“.
Auch werde klarer, dass diese Prozesse rund um einen drastischen Wandel „schwere Folgen haben und miteinander über verschiedene biophysikalische Systeme verbunden sind und die Welt potenziell auf langfristige irreversible Veränderungen festlegen.“
Die Forschergruppe, unter ihnen der Chef des Potsdam Instituts PIK Johan Rockström, sein Vorgänger Hans Joachim Schellnhuber, Timothy Lenton von der Universität Lexeter und Katherine Richardson, Ozeanografin an der Uni Kopenhagen, bezieht sich auf bislang unveröffentliche Ergebnisse von Klimamodellen. Darin sehen sie, dass „Kipppunkte“ in den Eissystemen von Arktis, Antarktis und den nördlichen Polargegenden „gefährlich nahe sind“ – und „zukünftige Generationen mit einem Meeresspiegelanstieg von 10 Metern über tausende von Jahren zu leben haben.“
Schmilzt das Eis, tauen die Böden
Vor allem warnen die Experten nach neuen Untersuchungen davor, dass verschiedene dieser Prozesse sich gegenseitig verstärken. „Werden Kipppunkte in einem System überschritten, kann das das Risiko erhöhen, dass sie auch in anderen Systemen überschritten werden.“ Ihre Beispiele: Schmilzt das Eis in der Arktis, erwärmt das die Region und führt zu verstärktem Tauwetter und Ausgasen der Treibhausgase CO2 und Methan aus den Böden.
Sie streiken: Die Temperaturen steigen. Der Meeresspiegel auch. „Fridays for Future“ ruft am 29.11. zum Klimastreik. Samstag protestiert „Ende Gelände“ gegen den Braunkohleabbau. Und am 2.12. beginnt die UN-Klimakonferenz.
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Auch könne Schmelzwasser aus Grönland den Golfstrom abschwächen, was wiederum die Regenfälle in Westafrika und im Amazonasgebiet beeinflussen könne. Eine weitere Erwärmung des südlichen Ozeans wiederum führe zu schnellerem Eisverlust in der Antarktis.
Insgesamt zeigen nach Meinung der Forscher neue Ergebnisse der Klimamodelle für den nächsten IPCC-Bericht für 2021, dass das Klima deutlich sensibler auf Störungen reagieren könne als bislang gedacht. Wenn solche „Kaskaden“ von Kipppunkten möglich seien, könne ein „globaler Kipppunkt“, an dem sich das gesamte Weltklima in ein neues Gleichgewicht, eine „Heißzeit“ bewegt, nicht ausgeschlossen werden, heißt es.
„Das ist eine existenzielle Bedrohung für unsere Zivilisation“, schreiben die Autoren, „das legt nahe, dass wir uns in einem planetaren Notstand befinden.“ Die Stabilität des Planeten sei in Gefahr. Möglicherweise „haben wir bereits die Kontrolle darüber verloren, ob Kipppunkte passieren“, heißt es. Dann gehe es darum, durch eine drastische Reduktion der Emissionen den Zeitrahmen so zu strecken, dass die Folgen etwa beim Meeresspiegel beherrschbar blieben.
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