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Forderungen des taz-Sommercamps 6. Perspektiven für Geflüchtete

Wir fordern sofortige Lösungen und Perspektiven für Flüchtende und Geflüchtete, weil Flucht ganzheitlich und individuell betrachtet werden muss.

Fehlende Willkommenskultur: Frontex wird abgeschafft Foto: dpa

Politische Verantwortung wahrzunehmen bedeutet sowohl politischer, wirtschaftlicher und ökologischer Krisen vorzubeugen, als auch unmittelbare Maßnahmen zu ergreifen, die Menschen während und nach ihrer Flucht schützen und ihnen ein würdevolles Leben ermöglichen.

Die alte Bundesregierung stellte den Anspruch der Krisenprävention an sich selbst. Eines ihrer Ziele war es, “Fluchtursachen zu bekämpfen“. Fluchtgründe gilt es nicht zu verdrängen, sondern als Grundlage für lösungsorientiertes und differenziertes Handeln zu sehen.

Die Bundesregierung stärkt gesellschaftlichem Zusammenhalt in Krisenregionen, indem sie beispielsweise monetäre Unterstützung für lokale zivilgesellschaftliche Bildungsinitiativen bereitstellt. Solche Interventionen müssen in einem respektvollen Miteinander und unter kritischer Selbstreflektion kolonial-geschichtlicher und aktueller weltpolitischer Verantwortung geschehen.

Binnengeflüchtete und flüchtenden Menschen, die sich innerhalb der umliegenden Länder befinden stellen die Mehrheit aller Geflüchteten weltweit dar und benötigen zielgerichtete finanzielle und logistische Unterstützung.

Fluchtwege müssen sicher und legal sein. Die Bundesregierung verpflichtet sich, dies durch die Schaffung von Luft- und Seebrücken zu gewährleisten. Die zivile Seenotrettung wird unterstützt und ausgebaut. Frontex wird abgeschafft, um völkerrechtswidrige Pushbacks und gewaltsame Sicherung der Außengrenze zu beenden. Die humanitäre Katastrophe durch Versagen der europäischen Außenpolitik im Mittelmeer und der Sahara ist bekannt und muss gestoppt werden. Da flüchtende Menschen oft jahrelang an den Grenzen Griechenlands und der Türkei unter prekären Umständen festsitzen, müssen hier die Aufnahmen fortgesetzt und ausgeweitet werden.

Haben flüchtende Menschen Deutschland erreicht, muss ein fairer und möglichst unbürokratischer Zugang zu Asylverfahren sowie zu sozialer Teilhabe gewährleistet sein. Die Bundesregierung stoppt langfristig Abschiebung in Gebiete, in denen menschenwürdiges Leben nicht möglich ist, auch für Ge­fähr­de­r:in­nen und Straftäter:innen. Seehofers lebensgefährdende Politik der Abschiebungen ist ein Ausdruck staatlichen Versagens und gehört der Vergangenheit an.

Asylverfahren werden psychotherapeutisch und traumasensibel begleitet. Dies betrifft unteranderem das Personal des Bundesamts für Flucht und Migration. Es wird psychologisch geschult. Im Zuge des Verfahrens sollen Geflüchtete von Erfahrungen erzählen. Sie können sich aber manchmal nicht erinnern oder müssen lachen – beides sind mögliche Symptome einer Traumatisierung, die von unwissenden Sach­be­ar­bei­te­r:in­nen nicht als solche, sondern als unglaubwürdiges Verhalten wahrgenommen werden.

Die hohen Hürden des Familiennachzugs müssen abgebaut werden: es werden von Familienmitgliedern Dokumente verlangt, die sie von der Botschaft des sie verfolgenden Landes beschaffen müssen. Diese Forderung stellt oftmals ein unüberwindbares Hindernis dar. Befristet ausgestellte Aufenthaltstitel verursachen Zukunftsängste und Resignation der Betroffenen. Sie stellen keine faire Perspektive dar.

Text von Mihail Fomin, Patrick „Patte“ Lehmann, Lara Montenegro, Aunill Nana, Thora Pindus, Denise Schöneich, Pascal Teubert und Sarah Trochemowitz aus dem taz Sommercamp 2021