Forderung der Verbraucherzentralen: Wegwerfverbot für Lebensmittel
In Frankreich ist es schon Gesetz, jetzt fordern die Verbraucherzentralen auch für Deutschland: unverkaufte Nahrungsmittel spenden oder verarbeiten.
In Frankreich müssen Händler nach einem Anfang Februar beschlossenen Gesetz unverkaufte Nahrungsmittel spenden, verarbeiten, als Tierfutter verwenden oder kompostieren. Die Bundesregierung plant ein solches Wegwerf-Verbot nicht, wie das Ernährungsministerium bereits mitgeteilt hatte.
Die Grünen-Expertin Nicole Maisch kritisierte, Minister Christian Schmidt (CSU) richte sich „einzig und allein an die Verbraucher“. Dagegen habe die Regierung in Frankreich erkannt, dass für weniger Lebensmittelverschwendung politische Maßnahmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette notwendig seien. Der Bundestag fordere seit Jahren verbindliche Zielvereinbarungen mit der Wirtschaft. „Das muss der Minister endlich anpacken.“
In Deutschland landen nach einer 2012 vorgestellten Studie im Auftrag des Ministeriums pro Jahr elf Millionen Tonnen Nahrung von Verbrauchern, Handel, Industrie und Gastronomie im Müll. Davon stammen demnach 550.000 Tonnen aus dem Handel. Auf private Haushalte entfallen 6,7 Millionen Tonnen.
Handel: Keine Zwangsverpflichtung
Der Handel hält ein Gesetz nach Vorbild Frankreichs für unnötig. Die Branche gehöre seit langem zu den größten Unterstützern der mehr als 900 lokalen Tafel-Organisationen, erklärte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Die Unternehmen engagierten sich aus freien Stücken, weil sie wüssten, dass ihre Spenden überschüssiger, qualitativ einwandfreier Nahrungsmittel einem guten Zweck dienten. „Die Zwangsverpflichtung per Gesetz käme einer Geringschätzung dieses Einsatzes gleich.“
Schon aus wirtschaftlichen Aspekten gebe es ein Eigeninteresse, Verluste so gering wie möglich zu halten. Daher investierten Unternehmen etwa in Prognosesysteme und bestellten kleinere Mengen. Aktionen und Preisreduzierungen seien Instrumente, um leichter verderbliche Produkte rechtzeitig zu verkaufen. Was sich trotz allem nicht für Verkauf oder Weiterverarbeitung eigne, werde über Biotonnen zur Kompostierung gebracht.
Verbraucherschützer Müller betonte: „Wie der Handel stehen auch Landwirte, Lebensmittelindustrie und die Verbraucher in der Pflicht.“ Nötig seien etwa auch verständlichere Angaben beim Mindesthaltbarkeitsdatum, ein Verzicht auf ausschließlich große Packungen und günstige Angebote von Lebensmitteln mit Schönheitsfehlern. „Eine Renaissance der Kochkultur, vor allem an Schulen, wäre ein weiterer wichtiger Schritt. Denn Kochen schafft Wertschätzung für Lebensmittel“, sagte der vzbv-Chef.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Pressefreiheit unter Netanjahu
Israels Regierung boykottiert Zeitung „Haaretz“