Foodwatch unterliegt vor Gericht: Margarine bleibt cholesterinsenkend
Unilever darf seine Becel-Margarine weiter als „cholesterinsenkend“ bewerben. Foodwatch ist entsetzt – aber die Auseinandersetzung ist noch nicht vorbei.
HAMBURG afp | Der Lebensmittelkonzern Unilever hat in dem seit Monaten andauernden Streit mit der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch und dem um eine cholesterinsenkende Margarine einen juristischen Sieg errungen.
Nach einer Entscheidung des Hamburger Landgerichts darf Unilever auch weiterhin erklären, es gebe bei dem Produkt aus wissenschaftlicher Sicht keine Hinweise auf Nebenwirkungen, wie ein Sprecher des Gerichts mitteilte. Foodwatch hatte gegen die von dem Konzern unter anderem in einer früheren Pressemitteilung genutzte Formulierung geklagt.
Laut Foodwatch war die Aussage unwahr und deshalb als sogenannte falsche Tatsachenbehauptung auf presserechtlicher Basis zu verbieten. Unilever warf der Organisation im Gegenzug vor, wissenschaftliche Fakten zu ignorieren und eine auf Skandalisierung abzielende Kampagne zu eigenen Werbezwecken zu iniitieren.
Das Hamburger Gericht wies die von Foodwatch vorgebrachte Rechtsauffassung zurück und wertete die strittige Formulierung nicht als eine eventuell falsche und damit verbotsfähige Tatsachenbehauptung, sondern als eine Meinungsäußerung. Aus dem Gesamtzusammenhang der Pressemitteilung gehe hervor, dass es sich um eine "Bewertung und Einschätzung" handle, sagte der Sprecher: "Es geht um eine Meinung. Im Ergebnis kann sich Unilever auf die Meinungsfreiheit berufen."
Mit der Frage, ob die Margarine mit dem Namen Becel Pro.Aktiv Nebenwirkungen hat, befasste sich das Gericht inhaltlich nicht, betonte der Sprecher weiter. Dies wäre nur nötig gewesen, wenn es die Formulierung als Tatsachenbehauptung gewertet hätte und tatsächlich über die Richtigkeit hätte entscheiden müssen. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Beide Parteien haben noch einen Monat Zeit, Berufung beim Oberlandesgericht in Hamburg einzureichen.
Lebensmittelrechtlich erlaubte Zusätze
Foodwatch und Unilever liefern sich eine erbitterte Auseinandersetzung um Becel Pro.Aktiv. Dabei handelt es sich um eine Margarine, der sogenannte Sterine zugesetzt sind. Diese etwa aus Pflanzen gewonnenen fettähnlichen Stoffe hemmen im menschlichen Darm die Aufnahme von Cholesterin, das Produkt wird deshalb als cholesterinsenkend beworben. Der Zusatz von Sterinen ist lebensmittelrechtlich erlaubt, muss aber behördlich genehmigt werden. Packungen müssen bestimmte Hinweise tragen. Es gibt auch Brot, Käse und Trinkjoghurt mit Sterin-Zusatz.
Foodwatch kritisiert die Vermarktung der Margarine seit längerem und spricht von einem Fall von Verbrauchertäuschung. Bei ihrer im November 2011 gestarteten Kampagne gegen Unilever verweist die Organisation auf einen ihrer Darstellung nach nicht bewiesenen gesundheitlichen Nutzen sowie Nebenwirkungen. Der Konzern geht energisch gegen die Vorwürfe vor und weist sie als völlig haltlos zurück.
In einer Reaktion auf das Urteil erklärte Unilever, Becel Pro.Aktiv sei „ein gesundes Lebensmittel“. Die Margarine sei in der EU erst nach einem aufwändigen Verfahren samt Sicherheitsstudien zugelassen worden, Behörden weltweit hätten die Sicherheit von Pflanzensterinen bestätigt. Foodwatch bezeichnete das Urteil als „aus Verbrauchersicht nicht akzeptabel“. Eine Berufung werde geprüft.
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