Foltervorwürfe gegen CIA: US-Justizminister erwägt Überprüfung
Eric Holder will einen Sonderermittler einsetzen und weicht damit von Obamas Schmusekurs ab. Und Ex-US-Vize Cheney soll dem Kongress Informationen über ein Anti-Terror-Programm vorenthalten haben.
WASHINGTON ap/afp | Die umstrittenen Verhörmethoden des US-Geheimdienstes CIA sorgen erneut für politischen Zündstoff. Justizminister Eric Holder erwägt offenbar die Ernennung eines Sonderermittlers, der sich mit den Foltervorwürfen befassen soll. Dies würde den Wünschen von US-Präsident Barack Obama zuwiderlaufen, der dazu aufgerufen hat, in dieser Angelegenheit "nach vorne zu blicken und nicht zurück zu schauen".
Aus dem Justizministerium hieß es lediglich, Holder werde "die Fakten überprüfen und im Einklang mit dem Gesetz handeln". Eine Entscheidung über strafrechtliche Ermittlungen oder Anklagen sei bislang ebenso wenig gefallen wie über die Ernennung eines Sonderermittlers. Holder habe aber klargestellt, dass er es nicht als fair betrachten würde, Personen zu verfolgen, die gemäß den damaligen Anweisungen des Ministeriums gehandelt hätten.
Das amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek berichtete indes am Samstag, Holder nehme die Berichte über Foltermethoden der CIA sehr ernst und wolle ihnen auf den Grund gehen. Es gelte aufzudecken, ob Beamte über die einschlägigen Anweisungen hinaus Gewalt angewendet und sich strafbar gemacht hätten. Dazu benötige Holder einen Ermittler "mit Verstand und hohem Status". Er wolle mit einem solchen Vorgehen aber auf keinen Fall die politischen Ziele Obamas gefährden, zitiert Newsweek den Justizminister.
Demnach befürchtet Obama, dass ein Ermittlungsverfahren zur mutmaßlichen CIA-Folter unter seinem Amtsvorgänger George W. Bush die Fronten zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress verhärten würde. Und dies könnte seine Bemühungen um eine Reform des Gesundheitswesens und der Energieversorgung behindern.
Unterdessen wurde bekannt, dass der ehemalige US-Vize-Präsident Dick Cheney während seiner Amtszeit dem US-Kongress acht Jahre lang Informationen über ein geheimes Anti-Terror-Programm vorenthalten haben soll. Wie die New York Times am Samstag auf ihren Internetseiten berichtete, soll Cheney den US-Geheimdienst CIA angewiesen haben, Informationen über das Programm zurückzuhalten. Der Zeitung zufolge erfuhr CIA-Chef Leon Panetta, der im Februar sein Amt antrat, Ende Juni von dem Programm und stellte es sofort ein.
Am folgenden Tag habe Panetta die Geheimdienstausschüsse von Senat und Repräsentantenhaus über das Anti-Terror-Programm und die Rolle Cheneys unterrichtet, berichtete die New York Times. Die Entscheidung, das Programm einzustellen, sei Panetta leichtgefallen, weil es nie voll zum Einsatz gekommen sei. Die Zeitung beruft sich auf zwei anonyme Quellen. Über das fragliche Anti-Terror-Programm gab es keine näheren Angaben.
Das Repräsentantenhaus plant zurzeit ein neues Gesetz, wonach der Kreis der Personen, die das Weiße Haus über Geheimdienstoperationen informieren muss, deutlich erweitert werden soll. Die Regierung hat hier mit einem Veto gedroht.
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