Fluggeschichte made in Bremen

■ Die VFW 614 war das Lehrstück einer ganzen Flugzeugbauer-Generation in Deutschland

„Bremer Jet“ oder besser VFW 614 hieß das Flugobjekt, das vor 30 Jahren hier vom Flughafen zum Jungfernflug anhob. Und das eine ganze Generation junge Ingenieure und Konstrukteure den Flugzeugbau lehrte. Knappe 31 Minuten dauerte damals der Erst-Flug. Beginn und Symbol einer Aufbruchstimmung, die die deutsche Luftfahrtindustrie erfasste.

Die 645 Stundenkilometer schnelle VFW 614 wurde in der ganzen Welt populär – ein wirtschaftlicher Erfolg wurde der Jet allerdings nie. Noch bis vor kurzem versahen drei Exemplare zuverlässig ihren Dienst bei der Flugbereitschaft der Bundesregierung. Das auffallende Charakteristikum des Jets, von dem drei Prototypen und 16 Serienflugzeuge gebaut wurden, waren die an den Tragflächen angebrachten Triebwerke. Da die VFW 614 ursprünglich ein Allroundflugzeug werden sollte.

Zum Ende des Jets führte die Rivalität im deutsch-niederländischen Luftfahrt-Konzern VFW-Fokker und der Widerstand der US-Lobby. Die Niederländer waren in der deutsch-holländischen Ehe von VFW gar nicht interessiert, das deutsche Produkt zu vermarkten. Ihre eigenen Flugzeuge lagen ihnen mehr am Herzen. Als die Bremer VFW-Werke dank der unbestrittenen Qualitäten der Maschine die Ausschreibung der US-Coast Guard über 41 Flugzeuge gewonnen hatten und damit der Durchbruch auf dem amerikanischen Markt geschafft zu sein schien, wurde in Bremen schon der Champagner kalt gestellt. Doch die Flugzeugbauer freuten sich zu früh: Die US-Lobby erzwang eine neue Ausschreibung und warf den Jet wieder aus dem Rennen. Dabei hatte sogar Boeing damals von einem großen Markt-Potenzial gesprochen.

Rolf Stüssel, der später führende Funktionen bei der Deutschen Lufthansa und in der Airbus Industrie übernahm, sagt noch heute: „Wir waren der Zeit damals um wenigstens zehn Jahre voraus. Doch Anfang der 70er Jahre war die Zeit leider noch nicht reif für ein modernes Flugzeug dieser Qualität.“ Kollege Udo Dräger formuliert es so: „Unsere VFW 614 war damals das leiseste Flugzeug der Welt. Wir hatten den Durchbruch geschafft und wurden im Stich gelassen.“ Der Bonner Haushaltsausschuss lehnte aber Ende 1977 weitere Mittel ab.

Die VFW 614 blieb aber nur „zweiter Sieger“ in Deutschland.Denn das erste deutsche Düsenverkehrsflugzeug wurde in der DDR gebaut. Karl Morgenstern, dpa