Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg: Ein Wortbruch der SPD
Anders als angekündigt, hält der Hamburger SPD-Senat an der umstrittenen Flüchtlingsunterkunft in Horst fest. In der Opposition hatte sie diese heftig kritisiert.
HAMBURG taz | Man kann durchaus von einem Wortbruch sprechen, den sich die Hamburger SPD leistet: Sie verhandelt nun doch über das umstrittene Flüchtlingslager im mecklenburgischen Nostorf/Horst, in dem auch Hamburger Flüchtlinge untergebracht werden. Als Oppositionspartei, also bis Februar 2011, hatte sich die SPD noch vehement gegen das Lager ausgesprochen.
Es sei zu isoliert, eine Unterbringung insbesondere von Kindern, sei deshalb inakzeptabel, hieß es. Jetzt sitzt die SPD im Senat - und verhandelt nach taz-Informationen bereits seit Wochen über einen neuen Vertrag mit dem Nachbarland. Denn der alte läuft Ende 2012 aus. Die Verhandlungen sollen Anfang des kommenden Jahres zum Abschluss kommen.
In Flüchtlingslager Horst, drei Kilometer hinter der alten DDR-Grenze und umgeben von Maisfeldern, gibt es keine Beratung, keine Dolmetscher, schlechte medizinische Versorgung - und vor allem: keine Schule. Laut Hamburgischem Schulgesetz unterliegen aber auch Flüchtlingskinder der Schulpflicht. Wie die taz berichtete, wohnen derzeit 48 Schulpflichtige in Horst - obwohl bereits Schwarz-Grün in den Koalitionsvertrag geschrieben hatte, diese dort nicht mehr unterbringen zu wollen, unter anderem auf Druck der SPD.
Die Flüchtlingsräte beider Länder kritisieren die Unterbringung in Horst seit Jahren. Vor allem durch den Hungerstreik einiger Bewohner 2010 wurden Medien und Politik auf die dortigen Zustände aufmerksam. "Die Strategie ist altbekannt", sagt Christiane Schneider, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linkspartei. "Wen man ins Lager steckt, von dem hofft man, dass er Deutschland schnell verlässt." Ob dies die Strategie des zuständigen Innensenators Michael Neumann (SPD) ist, bleibt ungewiss. Seit Wochen verweigert er ein Gespräch mit der taz über Horst.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss