Flüchtlingshelferin wird kriminalisiert: Angriffe gegen Helena Maleno
Spanien und Marokko terrorisieren die Aktivistin, so die Weltorganisation gegen Folter. Dabei leitete sie nur Seenotrufe weiter.
„Angriffe auf Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten, die für die Verteidigung der Rechte von Migranten arbeiten, haben in den letzten Jahren in Europa dramatisch zugenommen“, heißt es in dem Bericht.
Der Fall Maleno zeigt, wie weit die Verfolgung solidarischer Menschen gehen kann. Die 51-jährige Journalistin und Buchautorin macht seit Jahren vom nordmarokkanischen Tanger aus auf die Opfer der gefährlichen Überfahrt zwischen Marokko und Spanien aufmerksam. Dies brachte ihr schließlich 2017 in Marokko eine Anklage wegen „Menschenhandels“ und „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ ein.
Der Vorwurf stützte sich auf die Tatsache, dass Maleno immer wieder die spanische Hochseerettung anrief, um auf Flüchtlingsboote in Seenot aufmerksam zu machen. Maleno leitete damit Hilferufe weiter, die sie selbst von den Betroffenen erhielt. Denn die Spanierin ist in Marokko so bekannt, dass so mancher Flüchtling ihre Handynummer mit sich führt, um sie im Notfall anzurufen.
Vereint gegen Menschenrechtler
Die spanische Polizei unterstütze die marokkanischen Behörden bei den Ermittlungen und forderte diese gar auf, die Höchststrafe von 15 Jahren Haft gegen Maleno zu verhängen. Internationale Berichterstattung und Proteste verhinderten dies schließlich. Maleno wurde 2019 freigesprochen. Doch damit war ihr Leidensweg nicht zu Ende. Seit dem Freispruch wurde sie 34-mal angriffen. Unbekannte drangen in ihre Wohnung ein. Ihre Tochter konnte nicht mehr alleine in die Schule gehen.
Schließlich wurde Maleno 2020 gar gewaltsam von Marokko nach Spanien abgeschoben. „Seit 2017 hat sich mein Leben total verändert. Die Therapeuten, von denen wir während der Zeit begleitet wurden, sagen, dass wir für Folteropfer typische Symptome zeigen“, erklärt Maleno.
Neben Maleno berichtet die OMCT von 20 weiteren Fällen aus elf Ländern, darunter sieben Bergführer, die als Schlepper kriminalisiert wurden, weil sie mitten im Winter in den Alpen zwischen Frankreich und der Schweiz im Schnee feststeckende Migranten unterstützten, oder die 13-jährige Haftstrafe für den ehemaligen Bürgermeister Domenico Lucano für die Aufnahme von Migranten in Süditalien.
„Der Schutz von Menschenleben ist eine legitime Aktivität“, erklärt Gerald Staberock, OMCT-Generalsekretär. „Es ist nicht zu rechtfertigen, dass durch die EU-Migrationsrichtlinien und entsprechende staatliche Politik Personen kriminalisiert werden, die sich mit den Frauen, Männern und Kindern auf der Flucht solidarisch zeigen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten