Flüchtlingsheime: Für zu gut befunden
Seit Herbst 2014 wartet der Betreiber eines Flüchtlingsheims in Neukölln auf die Genehmigung. Das könne an „übererfüllten“ Standards liegen, befürchtet der Bezirk.
Den Neuköllner KommunalpolitikerInnen reißt der Geduldsfaden: In einer gemeinsamen Erklärung haben alle Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung vergangene Woche Sozialsenator Mario Czaja (CDU) dazu aufgefordert, endlich den Bau eines seit Herbst 2014 geplanten Flüchtlingsheims in dem Bezirk zu genehmigen.
Raum für Begegnung
Auf einem ehemaligen Sportplatz an der Karl-Marx-Straße soll die Unterkunft für etwa 300 Asylsuchende entstehen – inklusive einer Kita mit 120 Plätzen, offen auch für Kinder der Nachbarschaft. Das ist Teil eines ambitionierten Plans: denn das geplante Heim soll anders werden als viele andere. „Raum der Begegnungen“ nennt es der künftige Betreiber, die SoWo-Berlin GmbH. Die auf dem Grundstück geplanten Gebäude sehen Gemeinschaftsräume vor, in denen BewohnerInnen und Nachbarn gemeinsame Angebote gemacht werden sollen. Das Konzept sei mit Flüchtlingen entwickelt worden, so Michael Elias, Geschäftsführer der SoWo. Auf die Genehmigung dieser Pläne durch das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) wartet Elias nun bereits seit über sieben Monaten.
Die Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Soziales prüfe die nötigen Verträge noch, so die Erklärung der Behörde gegenüber dem Anbieter. Das könnte gerade an der Ambitioniertheit der Pläne liegen, befürchtet der Neuköllner Sozialstadtrat Bernd Szczepanski: Ihm sei gesagt worden, dass die Prüfung so lange dauere, „weil Elias die Standards übererfüllt“, sagt der Grüne, den das alles aufregt: Wenn umstrittene Flüchtlingsheimbetreiber „Millionenbeträge ohne vertragliche Grundlage“ vom Lageso bekämen, sei nicht einsehbar, warum ein Heim, das in Neukölln alle wollten, keine Zusage bekäme.
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass das Lageso an die Heimbetreiberfirma Pewobe, die bereits mehrfach wegen Unterschreitung von Standards, wie etwa fehlenden SozialarbeiterInnen, in die Kritik geraten war, 1,3 Millionen Euro zur Herrichtung einer Flüchtlingsunterkunft überwiesen hat, ohne dass ein Vertrag dazu vorhanden war (taz berichtete). Es dränge sich der Verdacht auf, „dass das Lageso nicht anhand von Inhalten, sondern von Vertragspartnern“ entscheide, heißt es in einer Presseerklärung der Neuköllner Grünen dazu.
Tatsächlich ist die SoWo bislang nicht als Betreiberin von Flüchtlingsunterkünften aufgetreten. In Neukölln wollen dennoch alle Parteien das neue Heim: „Denn wir halten Turnhallen nicht für den richtigen Ort, um Flüchtlinge unterzubringen“, so die neue Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf ihrer Antrittspressekonferenz Ende April. Mangels anderer Unterkünfte hatte das Lageso zwischenzeitlich bis zu sieben Turnhallen als Flüchtlingsnotunterkünfte beschlagnahmt, erst zwei davon wurden unterdessen wieder geräumt.
Das Lageso selbst teilt auf taz-Anfrage mit, das geplante Heim sei „einzigartig“ – deshalb müsse „im Detail“ geprüft werden. Dies sei nun in der „finalen Phase“. Heimplaner Elias ist dementsprechend hoffnungsvoll. Nachdem er das Grundstück an der Karl-Marx-Straße sieben Monate angemietet hatte, sei finanziell jedoch seine „Schmerzgrenze erreicht“: Ende April trat Elias zunächst von dem Mietvertrag mit dem Grundstückseigentümer zurück. Der sei bereit, jederzeit wieder an die SoWo zu vermieten, so Elias: „Jedenfalls, wenn das Grundstück noch frei ist.“
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