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Flüchtlingsboot vor Lesbos gekentertDrei Tote, Dutzende Vermisste

Erneut ist ein Flüchtlingsboot in der Ägäis gekentert. Fischer und Küstenwache retteten hunderte Insassen. Doch Dutzende werden noch vermisst.

Stürmische See: Eine syrische Familie am Strand von Lesbos. Foto: ap

Athen dpa/ap | Bei einem neuen Flüchtlingsdrama in der Ägäis sind womöglich Dutzende Menschen ertrunken. Drei Migranten, darunter zwei Kinder, waren am Mittwochabend bei dem Unglück vor der griechischen Insel Lesbos ums Leben gekommen. Nach Medienberichten vom Donnerstag sollen inzwischen weitere acht Leichen gefunden worden sein. Die Küstenwache gehe von bis zu 40 Vermissten aus. Die Zahl der Toten könnte steigen, hieß es.

Die Küstenwache und Fischer hatten in einer Rettungsaktion 242 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Der Einsatz vor Lesbos habe die ganze Nacht angedauert, berichtete das Staatsradio (ERT). Es gebe unterschiedliche Angaben der Überlebenden über die genaue Zahl der Menschen, die an Bord waren. Viele der geretteten Kinder und Frauen mussten wegen Unterkühlung in den kleinen Krankenhäusern der Insel behandelt werden.

Der für die Küstenwache zuständige Minister Theodoros Dritsas zeigte sich nach dem neuen Unglück erschüttert. Die Rettungseinsätze der Küstenwache seien „zu einer Herzschlag-Aktion“ geworden, erklärte er am späten Abend. Europa müsse diese Menschen aufnehmen und die „nationalen Egoismen“ beiseitelassen.

Bei fünf Bootsuntergängen in der Ägäis kamen am Mittwoch mindestens elf Menschen ums Leben. Die Küstenwache teilte am Donnerstag mit, in den vergangenen 24 Stunden seien mehr als 900 Menschen aus den Fluten der Ägäis gerettet worden. In Piräus kamen am Morgen an Bord von drei Fähren knapp 5.000 Migranten von den Ägäisinseln an. In ihrer Mehrheit wollen sie nach Westeuropa weiterreisen.

Offiziere der Küstenwache befürchten, dass es in den kommenden Tagen zu weiteren Unglücken kommen könnte. In der Ägäis ist die Wetterlage derzeit sehr gefährlich für kleine Boote. Am Donnerstag tobten vielerorts Winde der Stärke sieben.

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5 Kommentare

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  • Angesichts dieser Toten:

     

    Ich klage Frau Merkel an, weil sie persönlich durch Unterlassung für den Tod dieser Menschen mitverantwortlich ist.

     

    Seit etlichen Wochen lockt sie mit ihren Stellungnahmen Hunderttausende von Flüchtlingen aus aller Welt Richtung Deutschland. Dass diese Stellungnahmen als überaus freundliche Einladung verstanden wurden, kann man nun wahrlich nicht den Flüchtlingen vorwerfen, sondern der Kanzlerin selbst, die diese Worte so postuliert hat.

     

    Nun mag sie diesen Kurs aus humanitären Gründen eingeschlagen haben. Aber, wie dem auch sei, sie hat in die Bewegung eine enorme zahlenmäßige Dynamik gebracht.

     

    Da dies so ist, stellt sich doch die Frage, warum sie die Flüchtenden weiterhin zwingt, die Reise von Asien nach Europa auf den äußerst gefährlichen Wasser- und Landwegen zu absolvieren. Was soll dieser endlose Treck von verängstigten und frierenden Menschen bewirken? Eine natürliche Selektion, damit nur die Fittesten den deutschen Arbeitsmarkt erreichen?

     

    Frau Merkel hätte (auch) dieses Mal Alternativen gehabt: Wenn sie ihre eigenen Aussagen ernst gemeint hätte, hätte sie schon vor Wochen die logistischen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass pro Tag zwischen acht- und zwölftausend Menschen Deutschland sicher erreichen können. Per Bus- und Bahnverbindungen von Istanbul wäre das in kürzester Zeit realisierbar gewesen. Einige Telefonate mit den betroffenen Staatschefs hätten genügt.

     

    Dann und nur dann hätte man ihr wirklich abnehmen können, dass sie sich ein einziges Mal von etwas anderem hätte leiten lassen als von kalten Machtkalkül. So bleibt es bei dem Gewohnten: Viele warme Worte und nichts dahinter....

     

    Die nächsten Opfer werden folgen.

    • @Urmel:

      Prima. Mal endlich einer, der sich für einen sicheren Weg nach Deutschland einsetzt. Ein echter Menschenfreund. Dann können Alle kommen die flüchten müssen. Ohne Angst unterwegs doch noch ihr Leben verlieren zu müssen.

      Das wäre zu schön um wahr zu sein.

      Solange es aber die vielen Hasser und Hetzer in diesem Land gibt, die jeden toten Flüchtlich orgastisch auf Facebook feiern bin ich mir nicht mehr so sicher wer hier zuerst am Galgen hängt. Die Politiker, die genau diese humanitäre Linie vertreten, oder die "Fremden".

      Merkel jedenfalls sind mehr als die Hände gebunden. Sie braucht Unterstützung und nicht dumme Sprüche.

      • @Fred Schäfer:

        Diese Unterstützung hat sie aber nicht verdient. Und wie sich zeigt, wird sie diese Unterstützung auch seitens der meisten EU-Partner nicht erhalten. Sie hat jahrelang deutsche Interessen ohne jegliche Rücksicht auf die Probleme dieser Staaten durchgesetzt. Ist es ein Wunder, dass sich die Kanzlerin nun einen Korb nach dem anderen abholt, wenn sie die solidarische Verteilung der Flüchtlinge fordert?

         

        Nein, eine Staatenlenkerin sollte auch Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen. Sie war nun mal die einzige unter den 28 Regierungschef/-innen, die Anfang September durch ihre Stellungnahmen den Fluss von Flüchtlingen zu einem reißenden Strom gemacht hat. Also müsste sie nun konsequenterweise der Bevölkerung erklären, dass Deutschland die Aufnahme weitgehend alleine schultern muss. Das wird sie aber allein schon deswegen nicht tun, weil sie auch erklären müsste, warum Deutschland jetzt so isoliert dasteht.

         

        Sie könnte natürlich auch zugeben, dass sie die Lage leider völlig falsch eingeschätzt hat, und deswegen eine deutliche Kurskorrektur ankündigen (zum Beispiel, dass Deutschland das Dublin-Verfahren ab einem bestimmten Datum wieder in Kraft setzt). Aber auch das ist natürlich nicht zu erwarten. Es wäre zwar konsequent und ehrlich, würde aber Merkels dilettantische Politik zu sehr bloßlegen.

         

        Also wird weiter herumgeeiert, auf dem Rücken der Flüchtlinge, auf dem Rücken der Helfer und Einsatzkräfte, auf dem Rücken der bereits hier lebenden Bevölkerung. Hauptsache, Frau Merkel kann weiter glänzen.

    • @Urmel:

      Bei aller nachvollziehbaren Trauer, Ihre Anklage und Zuweisung von persönlicher Verantwortung ist leider von der selben Güte wie eine Mitverantwortung des nepalesischen Tourismusministers für tote Trekker am Everest.

       

      Der grob fahrlässig handelnde Vater von Ailan Kurdi wollte übrigens nach Kanada.

      • @Trango:

        Wie sähe es denn mit der Verantwortung des nepalesischen Tourismusminister aus, wenn er den Trekkern einen völlig falschen Weg empfohlen hätte?