piwik no script img

Flüchtlinge in BerlinNicht alle gesprächsbereit

Senat hat kein Interesse am runden Tisch der Caritas zur Asylpolitik. Linke wollen vor Henkels Amtssitz übernachten - für den Erhalt des Oranienplatz-Camp.

In Berlin gestrandet: Flüchtlinge vom Oranienplatz vorm Umzug gen Wedding. Bild: dpa

Jetzt soll gesprochen werden: Am kommenden Donnerstag lädt die katholische Caritas zusammen mit der evangelischen Diakonie zum ersten runden Tisch zur Berliner Asylpolitik. Es gehe darum, teilten beide Organisationen mit, „konkrete Ansätze für die Verbesserung der humanitären Situation“ hiesiger Flüchtlinge zu finden.

Ende November hatte die Caritas den runden Tisch erstmals vorgeschlagen. Da hatte sie gerade 80 Flüchtlinge vom Kreuzberger Oranienplatz in einem früheren Seniorenheim in der Residenzstraße in Wedding aufgenommen. Gleich nebenan in der Caritas-Zentrale soll nun der runde Tisch tagen, vorerst hinter verschlossenen Türen.

Caritas-Sprecher Thomas Gleißner sagte, die untergebrachten Flüchtlinge, fast alle Afrikaner, eingereist über das italienische Lampedusa, seien in „sehr schlechter Verfassung“. „Seit Monaten werden sie hin und her geschoben. Sie brauchen endlich eine Perspektive.“ Auch seien sie nur bis Ende März untergebracht, als Kältehilfe über den Winter. Es müsse geklärt werden, was danach passiere.

Wer an der Runde teilnimmt, bleibt jedoch offen. Eingeladen sind Vertreter der Bezirksämter Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Mitte, dazu die Jesuiten, der Flüchtlingsrat und Flüchtlinge selbst, vom Oranienplatz und vom Hungerstreik auf dem Pariser Platz im Oktober.

Senat sagt ab

Auch der Senat ist geladen, von dort aber hagelt es Absagen. Von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hieß es, man habe bereits humanitäre Hilfe geleistet. Für rechtliche Fragen sei der Bund zuständig. Auch Innensenator Frank Henkel (CDU) will erst die letzten Zelte auf dem Oranienplatz abgebaut sehen. Erst dann könne man „sachlich über Flüchtlingspolitik reden“.

Bis zum 18. Januar will Henkel Friedrichshain-Kreuzberg Zeit lassen, das Oranienplatz-Camp aufzulösen. Dann will er polizeilich räumen lassen. Die letzten Campbewohner und der Bezirk lehnen das ab. Am Sonntag, 15 Uhr wollen Unterstützer vom Oranienplatz zu Henkels Verwaltung in der Klosterstraße ziehen, um den Erhalt des Zeltlagers zu fordern. Angekündigt ist auch, dort zu übernachten, „bis das Ultimatum zurückgezogen wird“. Die Polizei sieht die nächtliche Kundgebung vom Versammlungsrecht gedeckt, will aber keine Zelte dulden. Die linke Szene trommelt auf breiter Basis für die Demo: Die Veranstalter rechnen mit 2.000 Teilnehmern.

Zu einer Räumung will Henkel am 7. Januar den Segen des Senats einholen. Die Senatoren wollten sich im Vorfeld nicht äußern, wie sie abstimmen werden. Ein Sprecher des Regierenden Klaus Wowereit (SPD) sagte, es gebe kein Interesse an einem Polizeieinsatz auf dem Oranienplatz. Es sei Aufgabe des Bezirks, ihn zu verhindern. Die Jusos forderten die SPD-Senatoren auf, Henkels Plan nicht zuzustimmen. Die Flüchtlinge hätten ein Recht, für ihre Menschenrechte zu kämpfen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

21 Kommentare

 / 
  • S
    Selbstlos

    Klasse dieses selbstlose Verhalten von Diakonie und Caritas!

    Nur wird im Artikel leider vergessen zu erwähnen, dass diese beiden Organisationen allein in Berlin über 50 Millionen Euro mit der "Betreuung" von Flüchtlingen verdienen ...

    • @Selbstlos:

      ... Und??

  • A
    Amüsant

    @Stefan Mustermann,

     

    aha, die Räumung des Camps ist mit internationalem Recht nicht vereinbar? O.K., ich campe mal ein Jahr auf Trafalgar Square, dem Rotem Platz oder vor dem Taj Mahal und bringe Ihre Argument an. Manchmal fragt man sich wirklich....

  • Eigentlich waren 700 Millionen Afrikaner auf eine Zukunft in Europa. Wieso sollte man nicht allen 700 Millionen den Übertritt ermöglichen? Heißt es nicht "Kein Mensch ist illegal"?

    • @winstonsmith:

      Im Prinzip die richtige Forderung. Weiter so!

  • A
    ama.dablam

    @Stefan Mustermann:

     

    "Auf welcher rechtlichen Grundlage soll denn Räumung des Oranienplatz-Camps geschehen?"

     

    Gegenfrage: auf welcher rechtlichen Grundlage ist der eigentlich besetzt worden?

  • ES
    eine Stimme

    He im Ernst. Nimm mal die Staatsbrille ab und komm von deinem Glauben an irgendwelche Grundrechte runter. Die gibt es nur im Gesetzbuch in der Realität wird nichts dergleichen umgesetzt und jede parlamentarische Diskussion ist reiner Schein. Schau dich mal um und hör zu was draußen gesagt wird. Der Oranienplatz wird geräumt so wie das mit jedem möglichen Störfaktor passiert und wenn dafür 5000 Linke aus dem Weg geprügelt werden. Ach ja und wegen deiner Grundrechte lies mal den Lissaboner Vertrag und frag dann nochmal ob du Rechte hast.

  • DER PROTESTCAMP AM ORANIENPLATZ IST EIN SYMBOL FÜR UNSERE GESCHICHTE

     

    Die Flüchtlinge am Oranienplatz sind ein Symbol für die Berliner Geschichte, für die Geschichte Deutschlands. Sie möchten die Residenzpflicht abschaffen. Genau wie unsere Geschwister aus der ehemaligen DDR nach Westen wollten. Es stand aber eine Mauer im Wege.

     

    Diese Flüchtlinge kamen nach Berlin mit den Worten: „DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR“. Damit appellierten Sie an unsere Geschichte, als im Jahre 1947, durch die Einführung des Grundgesetzes, unser Land wieder Unabhängigkeit bekam. Diese Worte treffen mitten ins Herz, denn auf diesem Gesetz ist unser Land aufgebaut.

     

    Warum haben die Geflüchteten noch nicht aufgegeben?

     

    Hätten unsere Brüder und Schwestern in der ehemaligen DDR damals aufgegeben, für die Gerechtigkeit und Freiheit zu kämpfen, würde die MAUER immer noch stehen und die WENDE käme nie.

     

    Was gibt den Flüchtlingen Kraft, nicht aufzugeben?

     

    Sie haben das selber gesagt, als sie nach Berlin kamen:

     

    „DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR!“

     

    Diese Worte sind mit keinem Geld der Welt zu erkaufen. Diese Worte geben der Bundesrepublik Deutschland ein unverwechselbares Gesicht.

    • E
      einbruder
      @Stefan Mustermann:

      Also, Herr Mustermann, Sie haben ja wohl von dem Wendegeschehen und dem in der DDR noch gar nichts verstanden. Alleine sind Sie damit allerdings nicht. Nur, was beweist das?

    • J
      johnny
      @Stefan Mustermann:

      Was für ein populistischer Unsinn. Die Mauer fiel, weil die DDR bankrott war und ihre Schutzmacht, die faschistische Sovietunion, ebenfalls. Der Real Existierende Sozialismus konnte nicht weiter existieren, weil er gezeigt hatte, dass er lebensunfähig ist.

       

      Die "Flüchtlinge" sind primär Wirtschaftsmigranten. Kann man verstehen, sollte man aber nicht als Asylbewerber bezeichnen, denn das ist was vollkommen anderes.

      • G
        gast
        @johnny:

        Man behauptet diese Flüchtlinge seien primär Wirtschaftsmigranten.

        Woher nehmen Sie diese "Weisheit".

         

        Was ist dann mit all den Flüchtlingen aus Armutsländern, die uns so richtig viel Geld kosten (Miete wird bezahlt, Sozialhilfe gibts, Kindergeld gibts ), die bringen ein Rudel Kinder mit und basteln noch fleissig dazu. Während IHRE sog. Wirtschaftsflüchtlinge zu jeder Zeit bereit sind zu arbeiten und jeder Arbeit machen würden, man sie aber hier einfach nicht haben will. Es ist ja auch leicht zu behaupten sie wären Wirtschaftsflüchtlinge, die menschenunwürdige Behandlung soll ja auch irgendwie begründet sein, um zu seiner Unmenschlichkeit nicht stehen zu müssen.

         

        Oder was ist mit all den syr. Flüchtlingen, die aus ihren Dörfern fliehen, die auch hier einreisen, die kosten uns kein Geld, das sind keine Wirtschaftsflüchtlinge ??? Schwarafrikaner sind generell Wirtschaftsflüchtlinge ??????

        • G
          gerstenmeyer
          @gast:

          nicht generell,aber die meisten-informieren sie sich mal oder soll ich helfen?

    • EB
      ein besorgter nachbar
      @Stefan Mustermann:

      Ja, kommt alle zum O-Platz um gemeinsam die Einhaltung von Menschenrechten einzufordern.

  • Was spricht eigentlich dagegen, die Forderungen von Flüchtlingen in der Öffentlichkeit zu diskutieren: Was geht, was nicht und vor allem warum (unter Angabe von Gründen, Argumenten und Gesetzen)? Unsere Demokratie würde davon nur profitieren!

    • J
      johnny
      @Stefan Mustermann:

      Als würde das nicht getan. Sie sind offenbar einer derjenigen, die 364 Tage im Jahr Ohropax tragen, es plötzlich rausnehmen und sagen "darüber habe ich noch nie jemanden sprechen hören, das muss man doch wohl noch sagen dürfen".

  • Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 hat das Gericht dazu beigetragen, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Ansehen und Wirkung zu verschaffen. Das gilt vor allem für die Durchsetzung der Grundrechte.

     

    Zur Beachtung des Grundgesetzes sind alle staatlichen Stellen verpflichtet. Kommt es dabei zum Streit, kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden. Seine Entscheidung ist unanfechtbar. An seine Rechtsprechung sind alle übrigen Staatsorgane gebunden.

  • Auf welcher rechtlichen Grundlage soll denn Räumung des Oranienplatz-Camps geschehen?

     

    Eine Räumung des Camps ist mit der deutschen Verfassung, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta) sowie mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht vereinbar!

     

    Außerdem wäre so ein Eingriff in die Grundrechte zu 100% nicht verhältnismäßig. Unser Rechtsstaatprinzip setzt uns enge Grenzen bei derartigen Entscheidungen.

     

    Es können am besten Professoren der juristischen Fakultäten an unseren Universitäten oder unabhängige Rechtsanwälte/Juristen, die Ihr Staatsexamen mit einer 1 (nicht mit 2 oder 3!) abgelegt haben, dazu konsultiert werden. Wobei unser Bundesverfassungsgericht, das Europäische Parlament, UNO und das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sind befugt, solche Entscheidungen zu treffen. Sie könnten dazu schnell befragt werden (zum Beispiel über das Internet), schließlich haben diese Institutionen die betrofenen Gesetze herausgebracht, weiterentwickelt oder haben ihre Aufgaben in der Wahrung und Durchsetzung von Menschenrechten (insbesondere Grundrechten).

     

    Und das wollen und müssen wir alle in unserem Land. Denn gemäß Art. 1 Abs. 2 GG: „Das Deutsche Volk bekennt sich zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“

    • @Stefan Mustermann:

      Meine Güte, mit Verlaub, das ist Unsinn. Weder das Bundesverfassungsgericht, noch das Europäische Parlament, die Uno oder der Europäische Gerichtshof sind für eine ordnungsrechtliche Frage wie die Beendigung der unerlaubten Sondernutzung einer öffentlichen Fläche zuständig. Das ist bezirklich zu regeln. Kommt der Bezirk pflichtwidrig seiner gesetzlichen Aufgabe nicht nach, wird die Dienstaufsichtsbehörde tätig und den rechtmäßigen Zustand wieder herstellen. Und die pflichtvergessende verantwortliche Bezirksstadträtin wird sich - z. B. durch Amtsenthebung - disziplinar- und ggf. strafrechtlich zu verantworten haben.

  • Unsere Bundeskanzlerin hat gesagt: „Gemeinsam sind wir stark“ und „Jeder einzelne zählt“.

     

    Weis Herr Henkel davon? Oder stehen die Flüchtlinge, nach Auffassung vom Herrn Henkel, außerhalb des Gesagten?

    • @Stefan Mustermann:

      Unsere Bundeskanzlerin hat auch gesagt: Multikulti ist gescheitert.

       

      Wahrscheinlich weiß Herr Henkel davon.