Flüchtlinge im Mittelmeer: „Mare Nostrum“ ist Geschichte
Sie retteten Flüchtlinge aus Seenot: Die italienische Regierung stellt die Marineoperation „Mare Nostrum“ ein. Daran gibt es Kritik von Hilfsorganisationen.
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ROM/BRÜSSEL/VATIKANSTADT dpa/kna | Hilfsorganisationen kritisieren die Pläne Italiens, den „Mare Nostrum“-Einsatz von Marine und Küstenwache zur Rettung von Bootsflüchtlingen einzustellen. Die tragischen Schiffbrüche mit mehr als 3.000 Toten seit Jahresbeginn zeigten, wie nötig eine Fortsetzung sei, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Anzeige der italienischen Vertretungen unter anderem von Amnesty International und Ärzte ohne Grenzen in der Tagezeitung La Repubblica.
Innenminister Angelino Alfano wollte am Nachmittag gemeinsam mit Verteidigungsministerin Roberta Pinotti Einzelheiten zum weiteren Vorgehen erläutern. Nach dem Ende von „Mare Nostrum“ will die EU ab diesem Samstag mit dem Programm „Triton“ die Lücke füllen. Unter dem Dach der EU-Grenzschutzagentur Frontex soll „Triton“ Italien bei der Sicherung der Seegrenzen und der Rettung von Bootsflüchtlingen unterstützen.
Allerdings kritisieren Flüchtlingsorganisationen, das Frontex-Mandat liege nur auf der Grenzschutzsicherung und nicht darauf, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Das Einsatzgebiet auf dem Meer für die Rettung sei zudem viel zu klein, auch reichten die finanziellen Mittel hinten und vorne nicht.
Auch der päpstliche Migrantenrat blickt mit Sorge auf das geplante Ende der Operation „Mare Nostrum“. „Triton“ sei dafür kein Ersatz, sagte der Präsident des Rates, Kardinal Antonio Maria Veglio, am Freitag Radio Vatikan.
Erinnerung an Lampedusa
Veglio erinnerte an die Flüchtlingskatastrophe, bei der vor einem Jahr rund 390 Menschen ertranken, als ihr Boot vor der Mittelmeerinsel Lampedusa kenterte. Danach hatte die italienische Marine „Mare Nostrum“ ins Leben gerufen, bei der seither 150.000 Menschen gerettet wurden.
Die häufige Kritik, dadurch werde der Flüchtlingsstrom nur noch mehr angeheizt, nannte Veglio „bösartig“ und „gefühllos“. Die meisten der Menschen wollten großen Gefahren in ihren Heimatstaaten entkommen, „und die Liste dieser Länder hat ja kein Ende“. Der Kardinal kritisierte auch den Umgang Libyens mit den Flüchtlingen, die dort in Lagern mit katastrophalen hygienischen Verhältnissen eingepfercht würden. Die Europäer könnten nicht einfach sagen: „Was geht mich das an?“.
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