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Flüchtlinge auf LampedusaNackt zur Desinfektionsdusche

Das italienische Fernsehen zeigt erschreckende Bilder von Flüchtlingen auf Lampedusa. Die Bürgermeisterin gibt Rom die Schuld an der „KZ-ähnlichen“ Behandlung.

Oft sind 1000 oder mehr Migranten im Zentrum auf Lampedusa untergebracht, das nur für 250 gebaut ist. Bild: dpa

ROM dpa/afp | Eine offensichtlich erniedrigende Behandlung von Flüchtlingen in dem Aufnahmezentrum der Insel Lampedusa schockiert Italien. Bilder des RAI-Fernsehens zeigen, wie sich Migranten in dem Zentrum reihenweise im Freien nackt an einer Wand aufstellen müssen, um dann in der winterlichen Kälte aus hygienischen Gründen mit einem Mittel gegen Krätze abgespritzt zu werden.

Missstände in dem zumeist überfüllten Aufnahmelager auf der kleinen Insel zwischen Tunesien und Italien hatten bereits mehrfach für negative Schlagzeilen gesorgt.

In Rom prangerte Italiens Regierungschef Enrico Letta am Dienstagabend diese „schlimmen Bilder“ von Lampedusa an. Er will klären lassen, wer für das Vorgehen verantwortlich ist. Er versprach „gründliche“ Ermittlungen zu dem Fall, um „die Verantwortlichen zu bestrafen“.

Auch die EU hat reagiert. „Wir haben eine Untersuchung zur entsetzlichen Behandlung in zahlreichen Auffanglagern eröffnet“, erklärte Innenkommissarin Cecilia Malmström am Mittwoch über Twitter. Ihre Behörde werde auch „nicht zögern, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten“, warnte sie.

Behandelt wie ein „Tier“

„Ihre 'Schuld' besteht darin, sich die Krätze zugezogen zu haben“, kritisierte am Mittwoch der rechtsliberale Mailänder Corriere della Sera. Diese respektlose Behandlung der Flüchtlinge sei erniedrigend wie in einem der berüchtigten „Lager“.

Die permanente Überfüllung des Zentrums sei unhaltbar, das Personal könne trotz aller Bemühungen nur unzulänglich helfen, erklärte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Seit Jahren sei Rom gebeten, Migranten rascher von Lampedusa zu verlegen.

In dem TV-Bericht beklagte sich ein namentlich nicht genannter Flüchtling, wie ein „Tier“ behandelt zu werden. Er habe mindestens 65 Tage in dem Zentrum verbracht, wobei Migranten doch innerhalb von 48 Stunden in einem anderen Zentrum untergebracht werden sollten, hielt das UNHCR fest. Die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, hat das Innenministerium in Rom für die Situation verantwortlich gemacht und von „KZ-ähnlicher“ Behandlung gesprochen.

Massive Flüchtlingswellen aus Afrika und dem Nahen Osten sorgen immer wieder für Chaos auf der Insel, oft sind dann 1000 oder mehr Migranten in dem Zentrum untergebracht, das nur für 250 gebaut ist.

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12 Kommentare

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  • H
    herbhardt

    „Ihre 'Schuld' besteht darin, sich die Krätze zugezogen zu haben“ Nein, die Krätze, das ist natürlich auch alles allein die Schuld der EU, also unsere Schuld, ist schon klar. Was wär eigentlich wenn keine Anti-Krätze Behandliung erfolgen würde? Das wär dann natürlich auch voll KZ, stimmts!

    • @herbhardt:

      krätze kriegt mensch da, wo viele auf einem haufen zusammen. also beispielsweise in einem auffanglager, das, für 250 ausgelegt, 1000 menschen aufnimmt.

      dagegen hilft keine anti-krätze-behandlung, sondern einfach nur: weiterleiten nach Italien!

  • Na klar. Nun melden sich mal wieder unsere Puristen mit erhobenem Zeigefinger zu Wort. Ich störe mich nicht an der Wortwahl KZ in diesem Kontext. Es bedient keine wie auch immer geartete Relativierung, sondern unterstreicht die Menschenverachtung mit der solche Maßnahmen vollzogen werden.

  • Und was sagt unsere "geliebte Führerin" dazu?. Nichts, wie immer.

  • KS
    Kritische Stimme

    Ursache der Odyssee v Fluechtlingen nach Europa=zum Teil die verwerfliche NatoPolitik.Es sind nicht nur WirtschaftsFluechtlinge welche nach Europa kommen.Wenn man betrachtet dass Natolaender m ihren Kriegen+schmutzige Politik schon ueber 15 mio Opfer verursacht haben im NahOst an Toten,Verwundeten,Fluechtlingen+viele Laender+Regionen verwuestet haben,dann=es ein Wunder das sowenige Fluechtlinge EUGrenzen stuermen.Auch Hunger=ein wichtiger Grund,BioOel+landwirtschaftliche EUPolitik haben fast eine Milliarde v Menschen inden Hunger getrieben,davon viele unweit v Europa.Das EU sich so abschottet v dem Elend das v ihr verursacht wurde=sehr heuchlerisch+wurde auch v PapstFranziskus als sehr niedriger Moral angemahnt.Fuer diese Politik bekam EU 2012 NobelFriedensPreis.Hoechste Zeit die Nato in eine EUOrganisation zu aendern um von Kriegstreibern wie USA loszukommen

  • "KZ-ähnlicher“ Behandlung "

     

    Das ist nun aber ein reichlich geschmackloser Vergleich, der die KZs der Nazis geradezu trivialisiert. Komisch, dass es keinen Aufschrei gibt, sonst wittert man doch immer gleich "Relativierung", wenn jemand unangemessene NS-Vergleiche bringt.

    Und die Anti-Krätze-Maßnahme hätte man vielleicht anders durchführen sollen, aber grundsätzlich ist der Schutz vor Krankheiten und Seuchen doch im Interesse aller Beteiligten.

    • @tommy:

      Nicht alle KZ waren als Vernichtungslager angelegt u. eine absolute Gleichsetzung findet hier auch nicht statt ("KZ-ähnlich"!). Insofern erkenne ich von Seiten des vorliegenden Artikels keine ungute Relativierung, von ihrer Seite dagegen schon, ist eine recht unerträgliche Relativierung doch in Ihrer Rechtfertigung sogenannter Hygienemaßnahmen enthalten.

      • @Irma Kreiten:

        Auch die KZs, die nicht Todeslager waren, waren von unmenschlicher Gewalt und Zwangsarbeit geprägt - sowas liegt auf Lampedusa schlichtweg nicht vor; auch nur von "KZ-Ähnlichkeit" zu sprechen ist abwegig und unsachlich.

        Und die Desinfektionsmaßnahme hätte vielleicht anders durchgeführt werden sollen, ist aber grundsätzlich nötig. Wenn die alle an vermeidbaren Krankheiten wie Krätze leiden würden, wäre das ja wohl auch nicht gut.

  • E
    Europäer

    Dieses Europa ist nur mehr ekelerregend.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Nicht wir Europäer müssen uns vor diesen Flüchtlingen schützen - sie müssen vor uns beschützt werden!!

  • G
    Gast

    Es ist eine Schande. Kein Mensch sollte so behandelt werden. Aber ich habe auch kein Verständnis für viele der Flüchtlinge, die mit Wünschen nach Europa kommen, die nicht erfüllt werden können und dann auf Kosten anderer Leben. Welche Verdienstmöglichkeiten hat denn z.B. ein Durchschnitts-Ghanaer in Europa? Er spricht nicht die Sprache, kann vielleicht noch nicht einmal lesen, hat keine oder nur eine sehr geringe Ausbildung, will aber dann hier Pfleger oder sonst was werden. Das kann doch nicht funktionieren, ohne dass sehr viel Geld in die Ausbildung gesteckt wird, was man auch viel billiger haben könnte wenn man Einheimische nehmen würde. Der größte "Vorteil" den diese Menschen doch haben ist, dass sie quasi zu jedem Preis arbeiten würden und auch illegal wenns sein muss. Aber so einen Billiglohnsektor brauchen wir nicht.

    • G
      gast
      @Gast:

      Nur weil jemand aus Ghana kommt kann er nicht lesen ? Das ist so ein dumme Vorverurteilung wie die Behauptungen, alle die aus Schwarzafrika kommen sind nur Hungerflüchtlinge die sich wo auch immer auf Staatskosten durchfüttern wollen.

       

      Welcher Flüchtling woher auch immer ist nach Europa gekommen und deutsch oder was auch immer gesprochen ??

       

      Wir haben hier Leute, die leben schon zwischen 10 und 40 Jahren hier und sprechen kaum deutsch.

       

      Der Unterschied zwischen den Leuten aus Schwarzafrika z.B. ist, das sie jede Arbeit machen, nur nicht vom Staat abhängig sein.

       

      Oft schon habe ich gehört, das egal in welchem Land den Leuten erzählt wird, das man in Europa leicht Arbeit findet, das man da viel besser lebt wenn man arbeitet als im eigenen Land.