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Flucht aus dem Kosovo nur noch mit Reisepaß

■  UN-Flüchtlingshilfswerk: Serben verweigern verletzten Kosovo-Albanern medizinische Hilfe. Heftige Grenzgefechte zwischen serbischen Einheiten und UÇK. Nato-Bomben in Wohnblock eingeschlagen. Jugoslawische Luftabwehr schießt Nato-Bomber ab

Für die im Kosovo zurückgebliebenen Albaner wird es nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) immer schwerer, medizinische Hilfe zu bekommen. Bei einer Explosion in Gniljane seien 16 Kinder verwundet worden, ohne daß sie medizinische Hilfe erhielten, teilte das UNHCR unter Berufung auf Flüchtlingsaussagen mit. Kosovo-Albanern werde von serbischen Behörden die Aufnahme in Krankenhäusern verweigert. Diese seien voll mit verwundeten Polizisten und Soldaten. Albanische Ärzte stünden kaum noch zur Verfügung, weil viele geflohen seien.

Überdies berichtete UNHCR-Sprecher Kris Janowski, daß die serbische Polizei vor der makedonischen Grenze eine neue Taktik eingeschlagen habe. Sie lasse nur noch Kosovo-Flüchtlinge mit gültigen Pässen nach Makedonien durch. Ein Bus mit 64 Flüchtlingen aus Gniljane sei aus diesem Grund zurückgeschickt worden. Das UNHCR habe keine Erklärung für diesen Politikwechsel. Am Montag hätten nur 330 Kosovo-Albaner den Grenzübertritt geschafft. Am nordalbanischen Grenzort Morini wurden laut UNHCR rund 300 Neuankömmlinge registriert. Die Sicherheitslage sei so prekär, daß die UNHCR-Mitarbeiter kugelsichere Westen und Helme trügen, sagte Janowski.

In der Kukäs-Region lieferten sich serbische Einheiten und Kämpfer der UCk erneut heftige Kämpfe. Im Grenzgebiet seien erneut serbische Granaten auf albanischem Staatsgebiet eingeschlagen, berichtete der staatliche Rundfunk in Tirana gestern. Dabei sei ein albanischer Grenzposten zerstört worden. Die Serben wollten in einer Offensive strategisch wichtige Gebiete zurückerobern.

Der albanische Grenzposten in Pogaj, rund 500 Meter vom Grenzübergang Morini entfernt, in der Region Kukäs sei am Vorabend zerstört worden. Dutzende Häuser in dem Dorf seien in den vergangenen Tagen durch serbische Granaten zerstört worden. Auch Grenzdörfer Has und Tropoje seien am Montag beschossen worden.

Die Kosovo-Untergrundarmee UÇK versucht derzeit nach Nato- Informationen vergeblich, im Grenzgebiet zu Albanien einen zweiten „Korridor“ zu öffnen. „Die UÇK scheint zwar nicht an Boden zu verlieren, sie gewinnt aber auch keinen hinzu“, sagte Nato-SprecherJamie Shea.

Die Allianz setzte ihre Angriffe auf jugoslawische Militäreinrichtungen im Kosovo und die serbische Stromversorgung in der Nacht zum Dienstag fort. Wie die Allianz gestern berichtete, bombardierten Nato- Flugzeuge erneut sieben Kasernen, zwei mutmaßliche Kommando-Bunker sowie das Hauptquartier der serbischen Sonderpolizei in Pritina. Bestätigt wurden von der Nato zwei Angriffe auf Elektrizitätswerke in Ni und in der Nähe Belgrads. Mehrere Nato-Bomben schlugen gestern auch auf albanischem Gebiet ein. Das berichtete die Organisation für Sicherheit ud Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Insgesamt seien sieben Bomben um 14.30 Uhr rund vier Kilomter von der Grenze zum Kosovo detoniert.

Nach jugoslawischen Angaben starben bei Angriffen auf die südserbische Stadt Novi Pazar zehn Zivilisten. Mehr als 20 Menschen seien bei der Zerstörung mehrerer Wohnhäuser verletzt worden. Die jugoslawische Luftabwehr hat am Montag über Sabac, etwa 70 Kilometer westlich von Belgrad, eine Nato-Maschine getroffen. Das Flugzeug stürzte in den bosnischen Bergen ab, meldete das serbische Staatsfernsehen gestern. dpa/rtr/epd

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