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Flickschusterei bei der Sporthilfe

■ Heftige Kontroverse um Nachfolge Josef Neckermanns, des Vorsitzenden der Deutschen Sporthilfe

Berlin (taz) - „Das ist Anarchie“, wetterte der Vorsitzende des Bundesausschusses Leistungssport, Heinz Fallak, in ideengeschichtlicher Ahnungslosigkeit. Der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, Wolfgang Göhner, diagnostizierte eine „Schlammschlacht“, und Josef Ertl, nach wie vor - man höre und staune - Präsident des Deutschen Skiverbandes, sah sich bemüßigt, kundzutun, daß parteipolitisches Engagement „für jeden Bürger ehrenvoll und notwendig“ sei.

Grund für all diese geistigen Unfälle und Fehltritte war der ungezügelte Wunsch des Herrn Hans Friderichs, ehemaliger Wirtschaftsminister und einem Laokoon gleich in die Flick -Affäre verstrickt, die Nachfolge von Josef Neckermann als Sporthilfe-Chef anzutreten. Neckermann hatte Friderichs einst selbst ins Spiel gebracht, war aber bald von dem FDP -Politiker, der wegen seiner Rolle in der Schmiergeldaffäre rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, wieder abgerückt. Friderichs habe sich in der Vergangenheit zu wenig für den Sport engagiert und sei wohl kaum der richtige Mann für einen der wichtigsten Posten im bundesdeutschen Sport.

Roland Mader, aufmüpfiger Präsident des Volleyball -Verbandes, schlug in die gleiche Kerbe und verlangte, daß der Vorsitzende der Sporthilfe nicht parteipolitisch gebunden sein sollte. „Wenn Friderichs wirklich am Sport hängt, sollte er seine Kandidatur zurückziehen“, forderte Mader und handelte sich damit obigen Ertl-Rüffel sowie scharfe Angriffe seiner KollegInnen Fallak, Göhner und Erika Dienstl (Fechterbund) ein.

Auf einer Krisensitzung des Vorstandes der Sporthilfe, deren vornehmste Aufgabe es ist, bei der Wirtschaft Geldmittel lockerzumachen und damit die Spitzensportler der BRD je nach Leistungsvermögen auszustatten, wurde der Konflikt erst mal vertagt. An Friderichs, dem bislang einzigen Kandidaten, wird festgehalten, doch sollen Willi Daume (Olympisches Komitee) und Hans Hansen (Deutscher Sportbund) bis zum 19.Oktober, dem Tag der endgültigen Nominierung des Neckermann-Nachfolgers, Gespräche mit anderen möglichen Bewerbern führen. Bis dahin will sich der Vorstand der Sporthilfe „im Interesse der Athleten voll auf die Olympischen Spiele in Seoul konzentrieren“ und sich nicht mehr an öffentlichen Diskussionen über das leidige Thema beteiligen. Der Kampf der Verbände muß fortan im Untergrund weitertoben.

Matti

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