First Lady Daniela Schadt: Ehrenamt für eine Karrierefrau
Daniela Schadt ist Vollblutjournalistin. Jetzt folgt ein nicht ganz freiwilliger Berufswechsel. Die neue Frau im Schloss Bellevue – sie wird eine alte Rolle spielen.
BERLIN taz | "Mehr erleichtert als traurig" war Daniela Schadt, als ihr Lebensgefährte Joachim Gauck die letzte Präsidentenwahl gegen Christian Wulff verlor. Das ist leicht verständlich. Denn so steil der soziale Aufstieg ins Schloss Bellevue ist - die Rolle der First Lady ist ein unfreiwilliger Berufswechsel, den Schadt nicht unbedingt angestrebt hat. Frauenpolitisch betrachtet, geht die neue First Lady sogar ein besonders großes Risiko ein: Gauck und sie sind nicht verheiratet, also profitiert sie, finanztechnisch betrachtet, weder vom Ehegattensplitting, noch hat sie einen Anspruch auf Unterhalt, sollten die zwei sich wieder trennen.
Frauen als Kandidatinnen kamen in der Bundespräsidentendebatte praktischerweise gar nicht vor. Die neue Frau im Schloss Bellevue wird wieder die alte Rolle der First Lady spielen. Fast, denn noch ist Gauck mit seiner ersten Ehefrau verheiratet, sie leben getrennt. Flugs wurden bereits bei der letzten Kandidatur Gaucks Heiratspläne bekannt gegeben - schon ist das traditionelle Ehemodell zementiert.
Aber natürlich steht gegen solche Rechnungen der unschätzbare Karriereschritt, den ihr neues Ehrenamt bedeutet - auf Unterhalt wird Daniela Schadt, die mit Gauck seit 10 Jahren liiert ist, ohnehin kaum mehr angewiesen sein. Dennoch, so schreibt einer ihrer Kollegen in seinem Blog, könne er sie sich schwer als "Schirmherrin einer Herz-Stiftung" vorstellen.
Daniela Schadt ist 50 Jahre alt und lebte bisher ein Leben, das man als das einer "Karrierefrau" beschreiben könnte: Nach dem Studium der Politik, Germanistik und Französischen Literatur arbeitete sich die kinderlose Journalistin bei der konservativen Nürnberger Zeitung von der Volontärin zur Chefin der Innenpolitikredaktion hoch. "Es ist ihr zugeflogen", meint ihr Chefredakteur Raimund Kirch. "Eine aufgeweckte Frau, die auch noch eine gute Schreibe hat", sei Schadt. "Als uns dämmerte, dass sie nun nach Berlin gehen wird, waren wir schon alle entsetzt." Kirch ist sicher, dass sie die Rolle der First Lady aufbrechen werde. "Sie ist unkonventionell, sie lässt sich nicht den Mund verbieten."
Die Frau mit blondem Pagenkopf und angenehm tiefer Stimme verkündet bisher nur, dass sie Gauck unterstütze. Ob sie in Berlin noch mit dem Fahrrad herumsausen kann, wie es in Nürnberg ihr Markenzeichen ist? Oder ob das Protokoll sie schlicht in die Nebenrolle zwingt? Neben dem begnadeten Selbstdarsteller Gauck ist ohnehin wenig Platz. Die angenehme Stimme von Frau Schadt, so ist zu fürchten, wird man nicht allzu oft zu hören bekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos