Finanzkrise der US-Zeitungsbranche: Mafiabegräbnisstimmung
Die Insolvenz der Tribune Company schockiert die US-Zeitungsbranche. Jeder hat Angst, der Nächste zu sein.
WASHINGTON taz Auch die US-Zeitungen bekommen die Finanzkrise eiskalt zu spüren. Mehrere Blätter und Verlage könnten 2009 unter ihrer Schuldenlast zusammenbrechen und einige zeitungsfreie Städte zurücklassen, unkte vergangene Woche die Kredit-Rating-Agentur Fitch Ratings in ihrem Zukunftsreport der US-Medien. Zwar gibt sich Fitch allgemein pessimistisch, was die Zukunft der Medien- und Unterhaltungsbranche angeht. Aber Zeitungen, warnen die Experten, seien am stärksten gefährdet.
Den Grund dafür sehen die Branchenbeobachter in einer unheilvollen Mischung aus Risiken: schwindender Anzeigenmarkt, sinkende Auflage durch Abwanderung der Leser ins Internet, steigende Druckkosten und kaum noch zu leistende Kostenminimierung. Die Nachricht vom Montag, dass die Tribune Company tatsächlich Konkurs angemeldet hat, gab Fitch schneller Recht, als die Branche noch vergangene Woche glauben mochte. Auch dem großen Verlag McClatchy (Miami Herald) räumte die Ratingagentur kaum noch eine Überlebenschance ein.
Die Stimmung in der US-Zeitungswelt gleicht der eines Mafiabegräbnisses, weil jeder weiß, er könnte der Nächste sein. Schließlich traf es mit Tribune nicht irgendeinen erfolglosen Verlag, sondern immerhin den Eigentümer der Los Angeles Times, der Chicago Tribune und des Baseballteams Chicago Cubs, dem 23 TV-Stationen und 12 Tageszeitungen gehören.
Zusammengebrochen ist der renommierte Medienkonzern unter seinem Schuldenberg: 13 Milliarden Dollar Schulden stehen nur Sicherheiten im Wert von 7,6 Milliarden entgegen.
Längst haben andere Zeitungsverlage ihren Schuldendienst eingestellt. Darunter die Besitzer der Tageszeitungen The Inquirer und The Daily News aus Phildelphia sowie The Star Tribune in Minneapolis. Anders als Tribune haben sie noch keine Umstrukturierungen unter dem Chapter-11-Bankrottgesetz angekündigt. Dieses Gesetz erlaubt es den Unternehmen, ihren Bestand gegenüber Gläubigern zu sichern, reduziert die Kreditwürdigkeit jedoch auf null.
Gegenwärtig verzeichnen Beobachter einen aggressiven Trend unter US-Gläubigern, ihre Schuldner lieber in den gesetzlich deklarierten Bankrott zu treiben, um damit deren Cashreserven zu sichern, als das Risiko einzugehen, das Unternehmen mit neuem Geld zu unterstützen.
Mitte November tagte hinter verschlossenen Türen das American Press Institute mit den führenden Verlegern des Landes. Die Tatsache, dass bei der Veranstaltung ausgerechnet Journalisten draußen bleiben mussten, schien Beobachtern ein sicheres Zeichen für den Ernst der Lage zu sein. Was nach außen drang, ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der Turn-around-Spezialist James Stein, Professor an der Kellogg School of Management der Northwestern University, bemängelte die Überalterung der Führungsebene in Zeitungsverlagen als größte Hürde bei der Suche nach Lösungen. "Dazu gehören auch einige Leute hier in diesem Raum", sagte er seinem betagten Publikum ins Gesicht: "Ich glaube nicht, dass Sie einen frischen Blick auf Ihre Industrie werfen können."
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