Finale von "Germany's Next Topmodel": Deutschlands nächste Verliererin
Am Donnerstag entscheidet sich bei "Germany's Next Topmodel", wen Heidis Jury für die Schönste hält. Sicher ist dabei schon jetzt: Die Gewinnerin wird niemals ein Star.
Viel wurde über Heidi Klum und ihre Sendung geschrieben - in den meisten Fällen negativ. Von Knebelverträgen war die Rede, von der Selbstinszenierung der Werbe-Ikone Klum und von einer frauenfeindlichen Sendung.
Trotzdem bleibt "Germany's Next Topmodel" ein Massenphänomen. Letzte Woche schauten über drei Millionen Zuschauer in der relevanten Zielgruppen der 14- bis 49-Jährigen den Nachwuchsmodels bei ihren "Challenges" zu. Die Kritiker bleiben trotzdem hartnäckig.
Das Original: Die Idee hatte das US-Model Tyra Banks. 2003 startet die erste Staffel, auch Zyklus genannt, von "America's Next Top Model" auf dem Sender UPN. Im März dieses Jahres ging die zwölfte Staffel auf Sendung.
Die Kopie: Heidi Klum brachte das Format nach Deutschland und spürt seit 2006 "Germany's Next Topmodel" auf. Dabei versucht sie sehr nahe am Original zu bleiben.
Der Export: "America's Next Top Model" wurde in über dreißig Ländern exportiert. Unter anderem wird in den Niederlanden, in England, in Kanada und in Spanien nach den nächsten "Topmodels" gesucht.
Die Kritiken: Designer Karl Lagerfeld kommentiere "America's Next Top Model" als "Müll, der fünf Minuten lustig ist, wenn man es mit anderen Menschen anschaut. Diese Mädchen werden nie die nächste Gemma Ward werden." Auch zu Heidi Klum äußerte sich Lagerfeld: "Heidi Klum kenn ich nicht. In Frankreich hat es sie nie gegeben." Und Wolfgang Joop findet ebenfalls keine guten Worte über Klum: "Alles an ihr wirkt übertrieben. Ich würde sie nie auf den Laufsteg lassen."
Dabei überwiegt ein Argument immer: Aus den Siegerinnen der Klum-Klon-Maschine wird ja eh nichts. Das stimmt tatsächlich. Die Gewinnerinnen von "Germany's Next Topmodel" werden am Ende bei weitem keine Super-Mannequins - sie dürfen sich höchsten in ProSieben-Trailern räkeln.
In den Neunzigern begründeten Naomi Campbell, Claudia Schiffer und Linda Evangelista die Ära der "Supermodels". Diese Damen konnten sich aussuchen, für wen sie arbeiteten. Evangelista brachte es mit ihrem berühmten Satz auf den Punkt: "Für weniger als 10.000 Dollar pro Tag stehen wir morgens gar nicht auf."
Diese Frauen dominierten die Laufstege dieser Welt. Und genau das ist entscheidend: Bedeutende Models laufen für die wichtigen Designer auf den Schauen in Paris, Mailand und New York. Nebenbei waren all diese Frauen maßgebend für die Mode. Sie haben sich selbst einen Namen gemacht und besitzen einen eigenen, manchmal unkonventionellen Stil -und setzen damit Trends.
Schaut man sich die aktuelle Staffel an, sieht es eher mau aus. Klums "Mädchen" haben keinen individuellen Stil, geschweige denn ein wirkliches Gespür für Mode. Kandidatin Jessica zieht sich immer ein wenig zu prollig und zu billig an. Ihre Kollegin Maria, die rausflog, weiß nicht, welche Kleidungsstücke an ihrem Körper gut aussehen. Wie sollen aus diesen jungen Frauen so berühmte Topmodels werden?
Im Ausland sieht es für die Gewinnerinnen der Show nicht besser aus. Die Sendung stammt ursprünglich aus Amerika. Tyra Banks entwickelte das Format. Die 35-jährige Afroamerikanerin war eins der berühmtesten amerikanischen Models, bevor sie sich 2005 aus dem Geschäft zurückzog, um sich voll und ganz ihrem Medienimperium und der Moderation ihrer eigenen Sendung zu widmen.
Sie wurde mit siebzehn Jahren entdeckt und auf Anhieb für 25 Shows auf der Pariser Fashion Week gebucht -ein Rekord für eine Einsteigerin im Model-Geschäft. Sie lief unter anderem für Dior, Tommy Hilfiger und Dolce & Gabbana. Der amerikanische Sender UPN strahlte 2003 die erste Staffel aus - mittlerweile gibt es zwölf Zyklen von "America's Next Top Model".
Banks ist Moderatorin, Jurymitglied, Co-Produzentin und singt sogar den Titelsong der Sendung. Große Unterschiede zur Kopie aus Deutschland sind nicht erkennbar. Das Konzept ist identisch und auch in Amerika werden die Model-Eleven nicht wirklich berühmt. Adrianne Curry, Siegerin der ersten Staffel, hat es in den USA durch die Sendung zur D-Prominenz geschafft.
Sie hat keine Laufstegjobs, aber weningstens durfte sie mal auf den Playboy-Cover. Die 26-Jährige wurde für keine bedeutenden Fotostrecken in Modemagazinen gebucht, dafür moderiert sie eine wöchentliche Radio-Sendung. Ein Verdacht liegt nahe: Anscheinend wollen diese jungen Frauen gar nicht in die Fußstapfen der Schiffers, Campbells und Moss' dieser Welt treten. Sie wollen berühmt werden -egal wie.
Barbara Meier, Siegerin der zweiten Staffel der deutschen Model-Show, scheint es da ernster zu meinen und brachte es ein wenig weiter als ihre amerikanischen Konkurrentinnen. Letztes Jahr war die Mathe-Studentin "Botschafterin der Mathematik", lief einige Schauen auf der Berliner Fashion Week und war immerhin auf dem Titelbild der Vogue Taiwan. Die rothaarige Meier war auch in Fotostrecken der Modemagazine L'Officiel, Style International und Madame Figaro sehen.
Da hat es ihre Vorgängerin Lena Gercke schwerer. Die 21-Jährige versucht krampfhaft, in die Fußstapfen ihres Idols Klum zu treten. Auch sie drehte Werbung für Katjes und moderiert "Austria's Next Top Model" auf genau dieselbe unbeholfene Weise wie die Klum.
Am meisten hatten sich die Macher anscheinend von Jennifer Hof, der letzten Gewinnerin des Titels, versprochen. Sie hat von allen drei bisherigen Siegerinnen die perfektesten Maße für den Laufsteg. Für prägende Designer ist sie trotzdem nicht gelaufen.
Es macht durchaus Sinn, dass Klum und Co. keine wirklichen Laufsteg-Models suchen. Laufsteg-Mannequins sind keine Schönheiten im klassischen Sinne: Sie sind meist blass, elfenhaft und besitzen eine subtile Präsenz. Alles Dinge, die sich nicht einfach auf Fernsehbildschirmen übertragen lassen. Und am Ende keine Quote bringen.
Wir wollen das Mädchen von nebenan sehen. Es zählt Sympathie. Dass "die Mädchen" trotzdem "Runway"-Training bekommen, ist dann auch nur für uns Zuschauer gedacht. In unseren Köpfen laufen Models nun mal über einen Laufsteg. Klums Nachwuchs-Talente würden in den meisten Fällen noch nicht einmal zu den Castings großer Designer eingeladen werden.
Sie sind einfach zu durchschnittlich. Keines der aktuellen "Mädchen" hat das besondere etwas. Sie sind schön, gar keine Frage. Das reicht aber im Model-Business nicht. Eine die aus der Casting-Maschinerie zum Topmodel geschafft hat, ist Alice Burdeu. Sie gewann in der dritten Staffel den Titel "Australia's Next Top Model".
Die 21-Järhige lief letztes Jahr für wirklich bedeutende Designer. Man sah sie bei den Belgiern Martin Margiela, Dries van Noten und Ann Demeulemeester. Sie lief für die Franzosen Christian Lacroix, Sonia Rykiel und Celine. Und auch für Jil Sander, Marc Jacobs und Proenza Schouler. Alles große Namen, die oft nur einem kleinen Kreis modeinteressierter Menschen bekannt sind. Nebenbei war sie in der Herbst-Winter Werbekampagne von Dolce & Gabbana zu sehen.
In Deutschland müssen die jungen Nachwuchstalente dann auf den angeblichen Shooting-Star Philipp Plein treffen, der international ziemlich unwichtig ist. Oder sie treffen Christian Audigier, den Designer von Ed Hardy. Natürlich ist Audigier, der die grellen strass-besetzten Totenkopf-Shirts berühmt machte, prominent - jedoch diktiert er keine Modetrends.
Interessanterweise war Burdeu bei den australischen Fernsehzuschauern nicht wirklich beliebt. Sie zickte in der Sendung rum, war für viele Zuschauer zu dünn und einfach keine klassische Schönheit. Dass gerade sie als einzige aller Topmodel-Kandidatinnen dieser Welt wirklich in der Mode erfolgreich ist, wundert daher nicht.
Heidi Klum selbst hält sich mit ihrer Sendung extrem an die amerikanische Version, setzt aber noch einen drauf: sie kreierte den Zusatz "by Heidi Klum". Die Werbeikone aus Bergisch-Gladbach weiß sich selbst in Szene zu setzen. Und auch das hat die strenge Frau Klum mit ihrer "Victoria's Secret"-Kollegin Tyra Banks gemeinsam. Beiden Frauen wird vorgeworfen, sich auf Kosten der Teilnehmerinnen zu profilieren.
Ein Vorwurf, den Klum gerne von sich weist. Sie will ihren Model-Schützlingen eine gute Mutter mit der gewissen Härte sein, alles immer perfekt machen und nervt genau damit. Natürlich ist die 35-Jährige nie für berühmte Designer gelaufen. Wie auch? Sie hat weder die Maße für den Laufsteg, noch die Anmut.
Umso absurder ist es, wenn Klum in ihrer Sendung dann zu den "Mädchen" sagt: "So werdet ihr nie für die großen Designer laufen können." Klum selbst hat zwar keine Ahnung vom Laufsteg, geschäftstüchtig ist sie aber allemal.
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