Finale der Frauen-Bundesliga: Showdown in Rödelheim

Eine Dramatik, von der die Männer-Bundesliga nur träumen kann: Frankfurt, Wolfsburg und die Bayern kämpfen noch um den Titel.

Frankfurts Célia Sasic (li.) und Nilla Fischer vom VfL Wolfsburg in Aktion Bild: imago/Joachim Sielski

FRANKFURT taz | Von dem einmaligen Glücksmoment spricht Alexandra Popp noch heute. „So ein Kopfballtor vergisst man nicht.“ Ungeachtet ihres Talents wäre die Torjägerin und Tierpflegerin sicherlich nicht zur „Fußballerin des Jahres 2014“ gekürt worden, hätte die 24-Jährige am 8. Juni vergangenen Jahres nicht diesen finalen Wirkungstreffer am letzten Spieltag der Frauen-Bundesliga angebracht.

1:1 stand es damals im ausverkauften Stadion am Elsterweg zwischen dem VfL Wolfsburg und 1. FFC Frankfurt, als dieser letzte hohe Ball in den Frankfurter Strafraum schwebte, den die Angreiferin in der 89. Minute in die Maschen wuchtete. Der Rest war Wolfsburger Freudentaumel, die sich mit dem Last-Minute-Siegtor die Meisterschaft sicherten.

FFC-Trainer Colin Bell glaubt bis heute, „dass wir aufgrund der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, die beste Mannschaft waren“. Und nun steht also die gleiche Paarung wieder an – diesmal allerdings ist das Stadion am Brentanobad im Frankfurter Stadtteil Rödelheim Schauplatz dieses Showdowns (Sonntag, 14 Uhr). Und diesmal könnte aber es einen lachenden Dritten geben.

Bei einem Remis oder einer Niederlage des VfL Wolfsburg (54 Punkte) braucht der aktuelle Tabellenzweite FC Bayern (53) nur parallel einen Heimsieg gegen SGS Essen landen und dann könnten im Trophäenschrank an der Säbener Straße die Schale von Männern und Frauen nebeneinander ausgestellt werden. Bell würde die Münchnerinnen sogar als verdienten Titelträger ansehen: „Weil sie dann – außer gegen uns im Pokal – in der Saison nicht ein Spiel verloren hätten.“

Die Ausgangslage: Drei Klubs können am letzten Spieltag der Frauen-Bundesliga, am 10. Mai, noch Deutscher Meister werden. Der Titelverteidiger VfL Wolfsburg geht als Spitzenreiter mit den besten Karten ins Rennen. Einen Punkt dahinter steht der FC Bayern München, der Drittplatzierte 1. FFC Frankfurt hat zwei Punkte Rückstand.

Die Chancen: Die Wölfe müssen ihren Platz im direkten Duell in Frankfurt verteidigen. Der FC Bayern München ist auf einen Ausrutscher des VfL Wolfsburg angewiesen und empfängt den Fünften, die SGS Essen. Frankfurt bräuchte einen Sieg gegen Wolfsburg und Schützenhilfe der Essener Spielerinnen.

Der Abstieg: Runter muss der Herforder SV. Um den Verbleib in Liga 1 kämpfen am letzten Spieltag der SC Willstätt-Sand und MSV Duisburg, der einen Sieg und ein Versagen des SC Sand braucht.

Sein nur vier Tage später im Berliner Finale der Women’s Champions League gegen Paris St. Germain gefordertes Team muss als Tabellendritter (52) indes Vollgas geben, um wenigstens den zur Champions-League-Qualifikation berechtigenden zweiten Platz zu erreichen. Damit kündigt sich eine Dramatik an, von der die Männer-Bundesliga bei der Meisterschaftsentscheidung nur träumen kann.

Der „mentale Bereich“

„Jetzt geht es um den mentalen Bereich, und da sehe ich uns leicht im Vorteil“, sagt Wolfsburgs Trainer Ralf Kellermann und verweist darauf, „dass wir in den vergangenen drei Jahre alle Finalspiele gewonnen haben“. Es winkt der Titel-Hattrick in der Frauen-Bundesliga, für die einst der 1. FFC Frankfurt die Deutungshoheit gepachtet hatte. Die Zeiten sind vorbei – letztmals ging der Titel vor sieben Jahren in die Bankenstadt, die sich noch zur Heim-WM 2011 als „Hauptstadt des Frauenfußballs“ bezeichnete.

„Die Machtverhältnisse sind doch eindeutig“, betont Bell. „Wolfsburg ist durch die Möglichkeiten des Gesamtvereins weit voraus.“ Der 53-Jährige, bekennender Christ und Laienprediger, legt noch nach: „Sie können mit Yuki Ogimi und Julia Simic zwei Weltklassespielerinnen im Winter verpflichten.“

Kollege Kellermann widerspricht. „Was die wirtschaftlichen Daten angeht, die sich rein auf die Mannschaft beziehen, bezweifle ich ganz, ganz stark, dass wir den höheren Etat haben als der 1. FFC Frankfurt“, beteuert der 46-Jährige.

Scharfer Zungenschlag

Kellermann entgegnet zudem mit scharfem Zungenschlag: „Ich wehre mich dagegen, dass es bei den vier Topteams – Turbine Potsdam und Bayern München eingeschlossen – im Gehaltsniveau große Unterschiede gibt. Das ist definitiv nicht so.“

In Frankfurt wird der Gesamtetat auf 1,8 Millionen Euro beziffert, mit denen sich der vom umtriebigen Manager Siegfried Dietrich gelenkte Frauenfußballverein deutsche Topspielerinnen wie Dzsenifer Marozsan, Célia Sasic und Simone Laudehr oder die spanische Edeltechnikerin Vero Boquete leistet.Wolfsburg, bei dem die 35-jährige Martina Müller das letzte Spiel ihrer Karriere bestreitet, kommt hingegen stärker über das Kollektiv und hat mit der Schwedin Nilla Fischer „die beste Abwehrspielerin der Welt“ (Kellermann).

Und wie sagte der Welttrainer des Jahres bereits vor dem Hinspiel (2:0): „Frankfurt hat jedes Jahr exzellente Einzelspielerinnen, wir haben es aber in den letzten Jahren in der entscheidenden Phase geschafft, uns besser als Mannschaft zu präsentieren.“ Deswegen vor allem ist die Wachablösung geglückt.

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