Filz in Bremerhaven: Leiharbeit-Bosse bei der SPD
In Bremerhaven betreiben führende SPDler eine Leiharbeitsfirma. Die Gewerkschaft Ver.di will nun dagegen vorgehen
Am vergangenen Donnerstag diskutierte der Ortsvorstand der Gewerkschaft Ver.di in Bremerhaven lange und intensiv: Sollen Gewerkschafter sich an Leiharbeitsfirmen beteiligen? Soll der Magistrat eine Leiharbeitsfirma unterstützen? Das Ergebnis der Ver.di-Debatte war ein klares "Nein" - und das ist ein Sprengsatz für Bremerhaven.
Denn dort gibt es die Leiharbeitsfirma "Personal aktiv", eine Tochter der Arbeitsförderungszentrum GmbH (AFZ). Und dessen Geschäftsführer ist Siegfried Breuer, SPD-Unterbezirksvorsitzender von Bremerhaven. Chef von Personal aktiv wiederum ist Gerrit Michaelis. Und alle zwei - Breuer und Michaelis - sind im SPD-Ortsverein Bremerhaven-Mitte.
"Für solche Verknüpfungen gibt es auf der Anti-Korruptionsseite des Bremer Senats die Rubrik ,strukturelle Korruption'", sagt Sascha Schomacker bitter. Er ist ein in Sachen Leiharbeit engagiertes Mitglied von Ver.di.
Am 17. Mai, fünf Tage vor der Wahl, lädt Michaelis, der auch Bezirkssprecher des Bundesverbands der Zeitarbeit (BZA) ist, zu einer Zeitarbeit-Lobby-Veranstaltung in Bremerhaven ein. Für das Grußwort ist der Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) angekündigt. "Es ist für mich ein wenig enttäuschend, dass die Basis der SPD dagegen nicht rebelliert", sagt Schomacker. Michaelis lässt sich auf seiner Internetseite zitieren mit den Worten: "Sehr erfreulich ist, dass die Equal Pay-Pläne nun vom Tisch sind." Das sei nicht generell gegen gleichen Lohn gemeint, sondern nur gegen die konkreten Forderungen des abgeschmetterten Gesetzentwurfs, sagt er.
Personal aktiv beansprucht "sozialverträgliche Leiharbeit" zu praktizieren. Die Vermittlungsquote lag im Jahr 2011 bei 27,6 Prozent, sagt Michaelis. Das wäre sensationell hoch.
"Ich glaube diese Zahl erst einmal nicht. Ich kann sie nicht überprüfen", sagt Ver.di-Geschäftsführer Gunnar Wegener.
Schomacker kann an Personal aktiv nichts sozialverträgliches entdecken. Das Unternehmen verleihe seine Leute mit falscher Eingruppierung, zum Beispiel an das Communication Center D+S, einem Callcenter-Riesen mit Sitz in Hamburg. Es sei "das Geschäftsmodell von Personal aktiv", Beihilfe dafür zu leisten, dass Firmen wie D&S das Kündigungsschutz-Gesetz umgehen können, klagt Schomacker: Nach der Phase der Leiharbeit würden die Mitarbeiter eingestellt - aber bevor der Kündigungsschutz zu Ende ist, seien die meisten schon wieder raus. Personal aktiv verleihe auch an Schnellecke Logistics, eine VW-Tochter, die praktisch kein eigenes Personal beschäftige. Schomacker empört, dass auch die kommunale Entsorgungsgesellschaft BEG sich Leiharbeiter bei Personal aktiv besorge.
"Vielleicht war die ,sozialverträgliche Leiharbeit' vor 15 Jahren ein gutes Instrument", sagt Ver.di-Geschäftsführer Wegener. Heute sei sie es nicht mehr: Ver.di will den Abschied von der Leiharbeit zum "Wahlprüfstein" für die Wahlen machen. Geht das gegen den SPD-Unterbezirksvorsitzenden? "Wir wollen das nicht personifizieren", sagt Wegener sehr vorsichtig: "Es geht um die grundsätzliche Frage."
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