■ Filmstarts a la carte: Irrwege und Irrfahrten im wilden Osten
Mittlerweile hat es sich längst herausgestellt: Das einzige, was West- und Ostdeutsche heute miteinander verbindet, ist die glorreiche Rechtschreibreform. Weshalb auch niemand mehr so gern an jenes Ereignis erinnert wird, das sich nun zum zehnten Mal jährt: der Fall der Mauer. Trotzdem wird es eine Reihe von unvermeidlichen Gedenkveranstaltungen und Sonntagsreden geben, denen man so weit wie möglich entfliehen sollte: am Besten natürlich ins Kino, wo die Thematik dann ebenfalls aufgearbeitet wird. Beim Vergleich von Marcel Ophüls' 1990 entstandener Dokumentation „Novembertage – Wege und Stimmen“ mit der heutigen Realität lässt sich nämlich prima überprüfen, was (oder: wie wenig) von der Aufbruchstimmung und dem Optimismus jener Tage geblieben ist. Dabei ist Ophüls', der sich als Interviewer auch vor der Kamera stark in seinen Film einbringt, deutlich anzumerken, dass seine Hoffnungen in die Zukunft damals vor allem auf Otto und Ottilie Normalverbraucher beruhten, während die Gespräche mit Politikern über die Perspektiven eines vereinigten Deutschlands durchweg von skeptischem Sarkasmus geprägt sind.
Ganz anders, aber kaum weniger unterhalsam: Detlev Bucks lakonisches Roadmovie „Wir können auch anders“, in dem zwei geistig minderbemittelte Wessis sich auf den Weg in den wilden Osten machen, um Omas kleines Häuschen zu erben. Auf ihrer Irrfahrt erleben sie sodann ein Land voller desertierter russischer Soldaten, Strauchdiebe und Wegelagerer. Genreversatzstücke und absurde Klischees reihen sich aneinander, derweil die Helden ihre grotesken Abenteuer dank einer gehörigen Portion Stur- und Blödheit bestehen.
„Novembertage – Stimmen und Wege“ 8.11.; „Wir können auch anders“ 4.11.-5.11. im Filmkunsthaus Babylon
Austin Powers sei Dank: Nun erreichen auch die echten Agenten und Agentinnen der sechziger Jahre wieder die Leinwand. Allerdings nur diejenigen, die garantiert stillos und besonders trashig zur Sache gehen. In Ralph Thomas' „Heiße Katzen“ wird Bulldog Drummond, eine Legende der dreißiger Jahre, reaktiviert und aufgepeppt, um einem skrupellosen Verbrecher und seinen kurvenreichen Killerinnen das Handwerk zu legen. Nicht versäumen sollte man auch Cyd Charisse in einer späten Rolle in Gerry O'Haras „Marokko 7“.
Doch obwohl die Reihe im Central-Kino „60er Jahre Agentinnen-Filme“ heißt, bleibt eines klar: Die freie Welt wird stets von Männern gerettet.
„Heiße Katzen“ 4.11.-5.11.; „Marokko 7“, 6.11.-7.11. im Central 2
So gar nichts von 'Swinging Sixties' hat hingegen Martin Ritts „Der Spion, der aus der Kälte kam“ (1965). Im Gegenteil: Düster, grau und pessimistisch präsentiert sich die Geschichte eines Top- Agenten (Richard Burton), der erst viel zu spät bemerkt, dass er von seinen Chefs in einer Intrige verheizt wird, die die Haut eines Doppelagenten retten soll. Moral: Der Zweck heiligt die Mittel.
„Der Spion, der aus der Kälte kam“ 6.11. im Delphi
Sie gehört zu den interessantesten Erscheinungen im französischen Film der letzten Jahre: Sandrine Kiberlaine, der das Arsenal bis zum 11.11. eine kleine Filmreihe widmet. In „Le septième Ciel“ von Benoit Jacquot spielt sie eine wohlsituierte Arztgattin, die ihre psychischen und sexuellen Probleme mit einem – vielleicht auch nur eingebildeten – Psychiater bespricht. Doch je unverkrampfter und stärker sie wird, umso größere Probleme bekommt ihr Gatte...
„Le septième cie“ (OmU) 8.11. im Arsenal
Lars Penning
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