Filmstart von „Dumm und Dümmehr“: Nur vier Zentimeter vorangekommen
Außer einem Buchstaben mehr im Titel wenig Neues: „Dumm und Dümmehr“ setzt 20 Jahre später allzu nahtlos bei „Dumm und Dümmer“ an.
Schon vor zwanzig Jahren, als Jeff Daniels und Jim Carrey zum ersten Mal in die Haut von Harry und Lloyd, diesen „gutherzigen, aber unglaublich dummen Freunden“ schlüpften, herrschte unter den Kinozuschauern zunächst Unsicherheit: Will man das sehen? Ein Film, in dem, wie es in diesem Zusammenhang ja oft heißt, die niedrigsten Instinkte bedient werden, soll heißen der Körper und seine unappetitlichen Ausscheidungen erbarmungslos für jeden Lacher ausgebeutet werden?
Die Abstimmung mit den Füßen ergab: Ja, das Kinopublikum wollte so etwas sehen. „Dumm und dümmer“ ist nach „Verrückt nach Mary“ die zweiterfolgreichste Komödie der Farrelly-Brüder. Auf Youtube, um den wahren Gradmesser heutiger Popularität anzuführen, finden sich unzählige Zusammenstellungen der besten Stellen des Films. Dort lässt sich auch noch einmal nachvollziehen, was den großen Charme dieser „Blödkomödie“ ausmachte: die Konsequenz, mit der die beiden Figuren sich „zum Affen“ machten.
Jeff Daniels’ Harry, der ruckartig seinen ganzen Körper durchschüttelt, um auf diese Weise sein Gehirn zum Denken zu bewegen, und geraume Zeit des Films an der Zunge festgefroren in einem Skilift verbringt. Jim Carreys notorisch feiger Lloyd, der ständig Pläne schmiedet, die unweigerlich schiefgehen. Und natürlich ihre unglaublich scharfsichtigen Beobachtungen: „Aber laut Karte sind wir erst vier Zentimeter vorangekommen!“
Nun sind zwanzig Jahre eine ziemlich lange Zeit. Lang genug, um wieder Zweifel aufkommen zu lassen: „Dumm und Dümmehr“, ein Sequel mit den gleichen erbarmungslos blöden Witzen – will man das sehen? Wie um die Frage im Keim zu ersticken, versucht der neue Film nahtlos an damals anzuknüpfen: Die Anfangsszene zeigt Lloyd (Carrey), der seit zwanzig Jahren mit eingefrorenem Gesichtsausdruck und reglosem Körper in einem Heim lebt, wo ihn Harry (Daniels) treusorgend Tag für Tag besucht, um ihm den Hintern zu wischen. Zu verraten, was folgt, hieße gleich schon den ersten großen Gag zu verderben.
„Dumm und Dümmehr“. Regie: Bobby und Peter Farrelly. Mit Jim Carrey, Jeff Daniels. USA 2014, 110 Min.
Fellverziertes Auto
In der weiteren Handlung braucht Harry eine Nierenspende und schöpft Hoffnung, als ihn eine um Jahre verspätete Postkarte von Fraida (Kathleen Turner) mit der Aufschrift „Ich bin schwanger“ erreicht. Das Kind, eine liebreizende Tochter namens Penny (Rachel Melvin), ist bereits eine junge Frau und ihrerseits so dumm, dass über die Vaterschaft zunächst kein Zweifel bestehen kann. Als Hindernis auf dem Weg zur Familienzusammenführung erweist sich die Tatsache, dass Penny von einem Millionär adoptiert wurde, dessen neue Ehefrau Adele (Laurie Holden) es natürlich auf die Alleinerbschaft abgesehen hat.
Vom fellverzierten Auto über den Fäkalhumor bis zu den haarsträubenden Situationen – vieles versucht „Dumm und Dümmehr“ einfach genauso zu machen wie der Vorgängerfilm. Umso mehr aber fällt ins Auge, was dieses Mal anders ist: 1994 gingen Carrey und Daniels noch als zeitlos jung durch. Mittlerweile ist beiden der Schmelz der Jugend abhanden gekommen.
So nötigt die Entschlossenheit zwar Respekt ab, mit der sie sich auch noch mit Anfang und Ende 50 für die entblößenden Eskapaden eines Farelly-Films hergeben. Trotzdem wirkt heute eher angestrengt, was einst mühelos erschien. Und wo man damals darüber lachen konnte, dass Harry und Lloyd in Bugs-Bunny-Manier sämtliche physischen Torturen unversehrt überlebten, zieht heute leiser Horror ein angesichts dessen, was Daniels und Carrey sich hier so antun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid