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■ Filmstars à la carteThrill to kill

Oft glich das englische Kino der fünfziger Jahre einer freundlichen Phantasie: Kleinbürgerliche Protagonisten erträumten sich ihr kleines Glück – meist ganz prosaisch in Form des großen Geldes. Da sich die Erfüllung dieser Tagträume jedoch nicht ganz ohne kriminelle Energie bewerkstelligen ließ, gelangte das Genre der Kriminalkomödie, mit dem insbesondere die Ealing-Studios das Publikum immer wieder erfreuten, zu einer neuen Blüte.

Führender Star des Studios war Alec Guinness, der sich in Britannien großer Popularität erfreute, seit er 1949 in „Adel verpflichtet“ alle acht Mitglieder einer blaublütigen Familie gespielt hatte, die einem kleinen Angestellten auf dem Weg zu Titel und Reichtum im Wege stehen. Der vielbeschworene britische schwarze Humor, der dieses Werk auszeichnete, blieb in Ealings Gesamtproduktion jedoch eher eine Ausnahme. Erst der 1955 entstandene Film „The Ladykillers“ des heute unterschätzten Regisseurs Alexander Mackendrick nahm diese Linie wieder auf.

Verwandlungskünstler Guinness verkörpert den verrückten Anführer einer Gang von Kriminellen, die einen Geldtransporter überfallen wollen und sich zur Tarnung als angebliches Streichquintett im Hause einer alten Dame einquartieren. Die Komik entsteht dabei aus dem Kontrast zwischen den sinistren Absichten der fünf Herren und der geballten Harmlosigkeit und Unschuld in Person von Mrs. Whimmerforce, die sich jedoch gleichzeitig als unglaubliche Nervensäge entpuppt.

Und so sieht sich das Quintett alsbald in allerlei häusliche Aktivitäten eingespannt: Da muß ein Papagei eingefangen und das Geschirr gespült werden, oder man dient als Attraktion beim Kaffeekränzchen mit den Freundinnen von Mrs. Whimmerforce. Die zweite Hälfte des Films widmet sich folgerichtig ganz den Bemühungen der Herren, die alte Dame ins Jenseits zu befördern, was aus verschiedensten Gründen nie klappt.

in der Camera im Tacheles

Von der Jagd nach dem großen Geld – und sonstigen Kicks, denn jetzt befinden wir uns in Amerika – handelt auch Russ Meyers wüster Exploitationfilm „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ Das satirische Melodram entwirft das typische Russ-Meyer-Universum, in dem der staubige amerikanische Mittelwesten von starken Frauen, schlappen Kerlen und allerlei Personen bevölkert wird, die sich dann in der Regel gegenseitig zerfleischen. Gute Überlebenschancen haben dabei nur die heulsusigsten und nervtötendsten Protagonisten. Der amerikanische Traum begegnet uns derweil in Gestalt eines Tankwarts, der sich überlegt, wie viele von den Kunden vergessene Rabattmarken er noch einkleben muß, um die Tankstelle eines Tages selbst übernehmen zu können.

Völlig untypisch für einen Meyer-Film, gibt es in „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ allerdings keine nackten Tatsachen zu sehen, obwohl die anatomische Ausstattung der drei Hauptdarstellerinnen (hier killen die Ladies) durchaus nach dem Geschmack des Busenfetischisten Meyer gewesen sein dürfte. Allen voran natürlich die wunderbare Tura Santana (die auch schon in Billy Wilders „Irma La Douce“ mitgespielt hatte), von der man nach „Pussycat“ leider nichts mehr gehört und gesehen hat.

in der Brotfabrik

Lars Penning

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