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■ Filmfest IWeder Glamour noch Fieber

Und schwupp, da war er wieder weg, der Star. Vom Hamburger Filmfest angekündigt worden war Sting ja schon seit Tagen. Aber tatsächlich gezeigt hat er sich dann bei der Eröffnung in den Zeise-Kinos nur kurz. Seine Frau Trudie Styler stand neben ihm. Das ist die, die auch in dem Film Grotesque Stings Frau ist, in dem Sting wiederum der Butler ist. Und? Stings Frau war schwanger. Kurzes Erstaunen, bißchen längeres Blitzlichtgeplätscher, dann waren beide wieder weg. Um aus dem Auftritt etwas Besonderes zu machen, hätte man schon mit Tomaten werfen müssen.

Da könnte man natürlich zum eigentlichen übergehen, schließlich sollte man Filmfestivals allein an den gezeigten Filmen messen. Weil aber das Filmfest in seiner jetzigen Gestalt nicht mehr das Low-Budget-Festival oder die Kinotage sind, hatte man sich doch ein bißchen umgeschaut. Ob jetzt vielleicht der inhaltsentleerte Glamour oder aber das freudige Festivalfieber ausgebrochen ist?

Gesehen hatte man etwa die drei Kulturherren von der NDR-Hamburg-Welle, die schon dann routiniert live aus den Zeise-Hallen berichteten, als es noch gar nichts zu berichten gab. Später, als das Ganze seinem Anfang entgegentrieb, leuchteten diverse Kamerateams nicht mehr so professionell in die Menge. Premiere, der Hauptsponsor, hatte einige Elfen geschickt, die belanglose Infomappen verteilten. Und Josef Wutz, fünf Tage lang Herr der Filme, mühte sich, die anderen Sponsoren locker in seine Eröffnungswörter einfließen zu lassen. Aber alles blieb im Rahmen, abgedämpft. Weder Schickimicki-Glamour noch Film-Fieber. Letztlich sachlich, so wie Hanseaten halt sind, bis in die kleinen aufgeregten Ausreißer hinein. Alsdenn: abgehakt. Zum eigentlichen.

Ein skurriler Blick in das schrullige Leben des britischen Landadels, aufdringlich schiefe und schräge Bilder aus einem heruntergekommenen Landhaus, in dem sich alsbald gar Schröckliches abspielt, das ist besagter Film The Grotesque mit Sting und Judie Styler. Die Schweine fressen den Verlobten der Tochter des Hauses. Alan Bates als Hausherr widmet sich seinem Hobby, der Dinosaurierforschung, und dem Whisky. Und am Schluß des Films will eigentlich jeder jeden töten, nur die Hausherrin den Butler nicht, weil sie längst mit ihm ein Verhältnis hat. Hübsch gemacht, ordentlich schwarzhumoresk, vor allem aber sehr vordergründig – so ist dieser Film. Soll man sagen: typisch britisch?

Was den Briten ihr Adel ist Claude Chabrol seine Bourgeoisie. Seit wie vielen Jahren eigentlich gärt es in seinen Film unter der glatten Oberfläche von zu Geld gekommenen Bürgern, die aufs Land gezogen sind? Natürlich ließe sich von Risikolosigkeit und Stagnation sprechen, auch angesichts des neuesten Werks des sogenannten französischen Altmeisters, das auf deutsch Biester heißt und gestern auf dem Filmfest lief. Andererseits: Warum sollte jemand etwas ändern, was er es bis zur Perfektion beherrscht? Klare Bildökonomien, untergründige Spannung, leise Panik in den Augen der Hauptfigur: Biester ist ein Meisterwerk, wenn auch von der Stange.

Chabrol ist Chabrol. Die Briten sind die Briten. Und das Hamburger Filmfest ist das Hamburger Filmfest. Morgen geht's weiter. Dirk Knipphals

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