Fifa-Reform ist eine Farce: Insel der Glückseligen

Der korrupte Weltfußballverband verabschiedet auf Mauritius ein Reformprogramm. Substanzielle Veränderungen werden so unmöglich gemacht.

Die Luft ist raus: Kritiker halten das Fifa-Reformprogramm für wenig gehaltvoll. Bild: aremac/photocase.com

MAURITIUS taz | Man möchte dem Fußballweltverband Fifa ja nicht gleich etwas unterstellen. Aber interessant ist es schon, dass der jährlich stattfindende Fifa-Kongress dieses Jahr ausgerechnet im Inselstaat Mauritius stattfindet. Wohl gewählt, kann man sich denken. Und wird sich gewiss auch die Fifa denken und sich entsprechend freuen, dass am Ende nur sehr wenige Journalisten zu Gast sein werden, um über das vermeintlich große Reformprogramm zu berichten, von dem der Fußballweltverband und sein Präsident Sepp Blatter so gerne spricht.

Denn sonst würden die Journalisten sich eventuell die Frage stellen, welches Reformprogramm eigentlich? „Die sogenannte Fifa-Reform ist eine Farce.“ Sagt David Larkin. Mitbegründer von Change-Fifa, einer Initiative, die sich mit den Abgründen des Weltfußballs beschäftigt. „Wenn du mit Antikorruptionsexperten weltweit sprichst, sagt dir keiner, dass dieser so genannte Fifa-Reform-Prozess substanziell sei. Sie haben ja noch nicht mal die Vorschläge ihres eigenen Beratungsgremiums umgesetzt.“

Und da beginnt das Problem. Reformen in der Familie, so hieß es, wollte die Fifa und ihr ewiger Präsident Sepp Blatter auf den Weg bringen. Wegen immer neuer Korruptionsfälle und Verdächtigungen auf höchster Familienebene in den letzten Jahren.

Beim Fifa-Kongress in Budapest vor einem Jahr sollten erste Reformen verabschiedet werden, die das externe Beratungsgremium IGC vorgeschlagen hatte. Diese Woche beim diesjährigen Kongress auf Mauritius sollten die Reformen abgeschlossen sein. Nur welche Reformen?

„Die Fifa hat unsere Vorschläge ignoriert.“ Sagt Alexandra Wrage, Präsidentin der Antikorruptionsorganisation Trace International. Sie saß lange im externen Beratungsgremium IGC, das die Fifa für Reformvorschläge selbst angeheuert hatte, bevor sie aus Frust zurücktrat, „weil die Fifa resistent war für alle unsere Vorschläge zur Korruptionsbekämpfung.“

Alle Vorschläge abgelehnt

Das Fifa-Exekutivkomitee (ExCo) hat in den vergangenen Wochen und Monaten so gut wie alle Vorschläge des IGC abgelehnt. Fifa-unabhängige Mitglieder im ExCo, externe Überprüfung von Fifa-Offiziellen: alles abgelehnt. Offenlegung der Boni und Gehälter: nicht entschieden. Beschränkung der Amtszeit: gestern vom ExCo erneut auf 2014 verschoben.

„Schauen Sie, andere große Unternehmen von Weltrang haben auch Zeit gebraucht, um das umzusetzen, was auch die Fifa jetzt umsetzt“, sagt Hans-Joachim Eckert. Der erfahrene Münchner Strafrichter hat große Korruptionsfälle wie den Siemens-Skandal verhandelt, jetzt richtet er nebenbei über Korruptionsfälle in der Fifa.

Denn das ist der einzige größere Reformschritt, den die Fifa umgesetzt hat: die Zweiteilung ihrer Ethikkommission, mit einem externen Ankläger aus den USA und dem externen Richter Eckert. Er sei nicht dazu angetreten, um irgendjemand ein Feigenblatt zu verpassen, sagt Eckert.

Bei seiner bisher wichtigsten Fifa-Entscheidung vor vier Wochen wirkte das anders, dem lange erwarteten Abschlussbericht zur Korruption rund um die frühere Rechtevermarktungsfirma ISL. Demnach haben mehrere Fifa-Offizielle Schmiergeld bekommen, aber das war schon vorher bekannt.

Ein Name aber fehlt in Eckerts Bericht: der von Issa Hayatou, dem Exekutivkomiteemitglied und einflussreichen Präsidenten der Afrikanischen Fußball-Konföderation. Auch er hat nachweislich Geld der ISL bekommen. Nach Informationen der ARD und des WDR-Hintergrundmagazins „sport inside“ wird der Fall Hayatou nun nachträglich noch untersucht werden.

Über Fifa-Präsident Sepp Blatter schreibt Eckert nur, dieser habe sich „ungeschickt“ verhalten, obwohl dieser doch von Schmiergeldzahlungen wusste. Auf die Frage, ob das nicht einem Blankoscheck für Blatter und die Fifa gleichkomme, erwidert Eckert harsch: Nein, das sehe er „überhaupt nicht so“.

Das Problem der Verjährung

Eckert verweist auf das Problem der Verjährung, aber die gibt es nach dem neuen Ethikcode der Fifa für Korruption gar nicht mehr. Blatters mögliches Fehlverhalten in der Vergangenheit könnte also eigentlich untersucht werden. Trotzdem sagt Eckert dazu: „Ich wüsste nicht, auf welcher Basis.“

„Absurd“ nennt das David Larkin von Change-Fifa. Absurd sei, „den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Bin Hammam wegen Interessenkonflikten nachträglich zu verurteilen – und bei Sepp Blatter soll das bei all den Vorwürfen nicht gelten? Das ist scheinheilig.“

Was ist ein öffentlich verkündeter Reformprozess also wert, der den jahrelangen Präsidenten nicht mit einschließt und in dem man nicht auf die eingekauften Berater hört? In dem die wegen Korruption ausgetauschten Vorstandsmitglieder heute trotzdem noch hohe Fifa-Pensionen erhalten? Dieser Reformprozess ist wohl eher keiner.

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