Fieser Eichenprozessionsspinner: Senat rückt Raupen auf den Pelz
Die Larven des Eichenprozessionsspinners sollen mit Bioziden getötet werden. BUND übt Kritik daran.
Eigentlich ist der Eichenprozessionsspinner ein harmloser Schmetterling – das Problem sind seine Raupen. Die fressen die Blätter von Eichen und bilden dabei kleinste Härchen aus, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Der Kontakt mit ihnen verursacht bei Menschen und Tieren gefährliche Haut- und Schleimhautreaktionen, die bis hin zu schweren allergischen Schocks führen können. In den vergangenen Jahren war die Population des Eichenprozessionsspinners in Berlin drastisch gewachsen – das liege vor allem am zunehmend warmen und trockenen Klima, heißt es aus der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales.
Diese hat deshalb am Mittwoch gemeinsam mit dem Pflanzenschutzamt, den Berliner Forsten und dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf eine Strategie zur Eindämmung des Eichenprozessionsspinners vorgestellt. Die etwa 10.000 befallenen öffentlichen Eichen der Stadt sollen mit einem pflanzlichen Biozid besprüht werden, das etwa drei Viertel der Larven tötet. Betroffen sind davon vor allem die Bezirke Steglitz-Zehlendorf, Spandau, Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick.
Es sei höchste Zeit, die mechanischen Bekämpfungsmaßnahmen wie etwa das Absaugen der Nester, und die gesundheitlichen Gefahren für den Menschen zu verringern, sagte Wolfgang Klein von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales.
An Orten, an denen sich Menschen häufig aufhalten – also etwa an Haltestellen, in Kindergärten oder in Freibädern – sollen die Eichen von Mitte April bis Mitte Mai mit dem Biozid aus dem tropischen Neembaum eingesprüht werden. Nebenwirkungen auf Menschen oder Umweltschäden seien nicht zu erwarten, sagte Klein.
Christian Hönig vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Berlin sieht das anders: „Die Folgen für die Umwelt sind gewaltig“, sagte er der taz. Das Gift töte alle Raupen und Falter – auch die anderer Arten. Auch auf Vögel habe die Vernichtung der Larven verheerende Auswirkungen, weil diese ihre Jungen mit Raupen füttern. Der Einsatz dieses Biozides stelle deshalb einen empfindlichen Eingriff in das Ökosystem dar.
Anstatt den Eichenprozessionsspinner mit Gift zu bekämpfen, müsse man die natürlichen Gegenspieler stärken, etwa den Kuckuck oder auch Raupenfliegen, fordert der BUND. Auf diesen Vorschlag, so Hönig, habe der Senat aber noch keine zufriedenstellende Antwort gegeben.
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